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Beerenobst schneiden
So bringen Sie Beerenobst in Bestform
Foto: alicja neumiler/Adobe Stock Sonnengereifte Beeren sind für jeden Gartenfreund ein Genuss. Damit Sie reichlich ernten können, ist eine gute Pflege Voraussetzung – dazu gehört auch der richtige Schnitt zum richtigen Zeitpunkt.
Einige Gartenfreunde rasieren im Winter alles ab, frei nach dem Motto: „Das wird schon wieder grün!“ Das Fatale daran ist, dass ganz viele Arten die vermeintliche „Schnittkunst“ sogar dauerhaft überleben und trotzdem einige Früchte tragen. Optimal für eine üppige Beerenernte ist diese Methode aber nicht.
Die wichtigste Schnittregel lautet: Starker Rückschnitt im Winter und Frühjahr (bis ca. Ende März) fördert das Wachstum, während der Sommerschnitt die Pflanze im Wuchs bremst. Außerdem ist es ganz entscheidend zu wissen, an welchen Trieben die Blüten und Früchte gebildet werden – sei es an den neuen (dies- jährigen) Trieben oder an den älteren Trieben.
Ziel der Schnittmaßnahmen ist, dass die Beerensträucher über viele Jahre genügend gesundes und ertragreiches Fruchtholz bilden. Würden Sie hingegen Ihre Beerensträucher einfach wachsen lassen, wären diese nach einigen Jahren „vergreist“, würden also nur noch wenige, schwache Neutriebe bilden und kaum noch tragen.
Himbeeren
Himbeeren (Rubus idaeus) werden nach ihrer Reifezeit in frühe (Sommerhimbeeren), auch einmal tragende Himbeeren genannt, und späte (Herbsthimbeeren), auch zweimal tragende/remontierende Himbeeren genannt, unterteilt.
Foto: Nitr/Adobe Stock
Die Sommerhimbeeren bieten den Vorteil einer relativ hohen Erntemenge in einem kurzen Zeitraum, was sie besonders zum Verarbeiten interessant macht. Zudem werden sie weniger von der Kirschessigfliege befallen, die meist erst im Hochsommer verstärkt auftritt. Sommerhimbeeren tragen am zweijährigen Holz. Im ersten Jahr entwickeln sich Jungruten, im zweiten entstehen an diesen kurze Seitentriebe, die die Früchte tragen. Daher sollten Sie bei Sommerhimbeeren jedes Jahr direkt nach der Ernte alle zweijährigen (abgeernteten) Ruten bodennah abschneiden (Abb. 1). Zudem entfernen Sie alle kranken und schwachen Ruten. Von den kräftigen neuen Trieben lassen Sie maximal acht bis zehn pro laufenden Meter stehen – sie sorgen dann für die Ernte im nächsten Sommer.
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Foto: Die Grüne Kamera
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Herbsthimbeeren liefern Naschfrüchte über einen langen Zeitraum. Im Gegensatz zu den Sommerhimbeeren bilden sie ihre Blüten und Früchte an den diesjährigen (neuen) Trieben. Das hat den Vorteil, dass Sie sich über den Schnitt nicht viele Gedanken machen müssen, sondern Ende Februar/Anfang März einfach alle Ruten direkt über dem Erdboden abschneiden können (Abb. 2). Die frisch austreibenden, kräftigen Triebe setzen vom Spätsommer bis zum Herbst Früchte an – oft bis zum Frost. Auch hier sollten Sie maximal acht bis zehn kräftige Triebe pro Meter stehen lassen und alle anderen entfernen. Da die Blüte der Herbsthimbeeren spät und somit meist nach der Flugphase des Himbeerkäfers erfolgt, gibt es wenig Probleme mit den typischen Maden.
Für alle Himbeeren gilt: Schneiden Sie über den Sommer nachwachsende junge Triebe ab oder reißen Sie sie aus, damit die gewünschten Ruten frei stehen und gesunde Früchte ausbilden können. Zur Vorbeugung gegen mögliche Rutenerkrankungen sollten Sie das Schnittgut aus dem Garten entfernen.
Brombeeren
Ein kräftiger und unbändiger Wuchs ist das Markenzeichen der Brombeeren (Rubus fruticosus). Die Früchte gehören aber zum Besten, was wir auf der Parzelle ernten können. Da lohnt es sich, die Handschuhe und altes Zeug anzuziehen, um die meist stark mit Dornen versehenen Ruten zu bändigen.
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Der Aufwand bei der Brombeerkultur für das Schneiden, Leiten und Binden ist relativ hoch. Es gibt zwar heute schon schwach wachsende bzw. dornenlose Sorten, doch der Geschmack ist nicht mit den bewährten bedornten Sorten zu vergleichen.
Grundsätzlich benötigen Brombeeren ein Spalier, an dem die Ruten angebunden werden. Bewährt hat sich die Fächermethode (auch V-Spalier genannt). Die Pflanze wird mittig an das Spalier gepflanzt, die Ruten können dann nach links und rechts an den Spanndrähten befestigt werden. Es werden nur wenige Ruten, maximal vier bis sechs pro Pflanze, benötigt.
Brombeeren blühen und tragen in der Regel erst an den zweijährigen Ruten. Im ersten Jahr entstehen zunächst Langtriebe. An diesen bilden sich dann die sogenannten Geiztriebe, das sind vegetative Seitentriebe, die aus den Blattachseln entspringen. Diese Geiztriebe kürzen Sie im Frühjahr auf ein bis zwei Augen (Triebknospen) ein (Abb. 3) – daraus entwickelt sich dann das Blüten- und Fruchtholz.
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Gleichzeitig sollten Sie junge, kräftige Ruten nachziehen, damit im folgenden Jahr die Basis für Fruchtholz gegeben ist. Diese jungen Ruten sollten Sie so leiten, dass sie die fruchttragenden Triebe nicht behindern oder beschatten, z.B. in der Mitte des Spaliers.
Nach der Ernte entfernen Sie alle abgetragenen Ruten direkt über dem Erdboden – die Jungruten nehmen nun deren Position ein. Reduzieren Sie die Anzahl junger Ruten auf die Höchstzahl von vier bis sechs pro Pflanze.
Johannisbeeren
Ob als Busch, Spalier, Säule oder Stämmchen gezogen, ob rot, weiß oder schwarz, die Johannisbeere (Ribes rubrum bzw. Ribes nigrum) ist eine beliebte Frucht in unseren Gärten.
Foto: Markus Mainka/Adobe StockAuch bei Johannisbeeren gelten die grundlegenden Schnittgesetze: Starker Rückschnitt im Winter fördert das Wachstum, während der Sommerschnitt die Pflanze im Wuchs bremst. Nach der Pflanzung sollten Sie Ihre Johannisbeeren stark zurückschneiden – so bilden sich kräftige, vitale Triebe. Von diesen suchen Sie sich vier bis fünf Leittriebe aus und entfernen alle anderen (Abb. 4).
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Im folgenden Jahr kürzen Sie die Seitentriebe, die aus den Leittrieben gewachsen sind, etwa um die Hälfte ein, und zwar jeweils direkt über einem „Außenauge“, also einer Triebknospe, die nach außen zeigt (Abb. 5). Dadurch steuern Sie das Wachstum, der neue Trieb wächst nun nach außen und nicht in die Krone hinein.
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Im dritten Standjahr lohnt sich die Ernte schon richtig. Damit die Früchte ordentlich Sonne abbekommen, werden die ungewünschten Triebe bis auf wenige Zentimeter zurückgeschnitten (Abb. 6).
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Im folgenden Winter werden die Leittriebe wieder kräftig eingekürzt, neue junge Triebe entstehen, und der Prozess beginnt von Neuem. Zudem sollten Sie ab dem dritten oder vierten Standjahr in jedem Winter ein bis zwei der ältesten Äste komplett entfernen. Diese Schnittregeln gelten auch bei Stämmchen, nur dass Sie sich hier nicht so tief bücken müssen …
Die Bildung neuer Fruchtäste ist das Elementare bei der Johannisbeere – das gilt für schwarze, rote und weiße Sorten gleichermaßen. Ein Unterschied besteht darin, dass rote und weiße Sorten die besten und größten Früchte an den einjährigen Seitentrieben tragen und schwarze Sorten am zweijährigen Holz. Außerdem wachsen schwarze Johannisbeeren sehr kräftig und haben dadurch einen höheren Platzbedarf.
Stachelbeeren
Die Stachelbeere (Ribes uva-crispa) stellt höchste Ansprüche an den Schnitt. Oft leidet sie in den Gärten unter falschen oder unterlassenen Schnittmaßnahmen. Ist sie „gut erzogen“, belohnt sie den Arbeitseinsatz und trägt viele große, aromatische Früchte.
Foto: Alex/Adobe Stock
Es gibt eine große Sortenvielfalt mit recht unterschiedlichen Wuchsformen, z.B. straff aufrecht oder eher überhängend. Ziel ist es, eine möglichst aufrecht wachsende Krone zu entwickeln, weshalb Sie nach unten wachsende Triebe entfernen sollten (Abb. 7).
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Alle Sorten und Wuchsformen (egal ob Busch oder Stamm) benötigen einen regelmäßigen und recht kräftigen Pflegeschnitt, den Sie jedes Jahr im Zeitraum von Januar bis Mitte März durchführen sollten. Ziel ist eine lockere und luftige Krone, mit einem hohen Anteil an zwei- und dreijährigem Holz, das den besten Fruchtertrag liefert. Gleichzeitig sollten Sie von Mehltau befallene Triebspitzen abschneiden und aus dem Garten entfernen, um eine Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden.
Wenn Sie im Sommer, direkt nach der Ernte, schneiden, bremsen Sie die Pflanze im Wuchs, schneiden Sie im Winter, regen Sie neues, kräftiges Wachstum an. Somit haben Sie es in der Hand, das „Alter“ der Krone zu beeinflussen. Sorgen Sie dafür, dass immer ein Gerüst aus älteren Trieben als Basis für die Fruchtäste vorhanden ist.
Nutzen Sie die Sommermonate vor der Ernte, um die tragenden Äste frei zu schneiden. Unerwünschtes junges oder altes Astwerk kann problemlos entfernt werden. Kappen Sie auch jetzt wieder Triebspitzen mit Mehltaubefall. Durch das Auslichten vor der Ernte bekommen Sie leichteren Zugang zu den Früchten und haben es beim Pflücken angenehmer – und die Früchte erhalten mehr Sonnenlicht und werden süßer und aromatischer.
Gartenheidelbeeren
Foto: Markus Mainka/Adobe StockBei der Gartenheidelbeere (Vaccinium corymbosum), auch Kulturheidelbeere genannt, hat die Züchtung eine reiche Auswahl aufrecht wachsender und großfrüchtiger Sorten hervorgebracht. Stimmt der Standort – und wird ein Schutz vor räuberischen Vögeln und Nachbarn erstellt – kann eine reiche Ernte eingefahren werden.
Ein kräftiger Pflanzschnitt sorgt bei Heidelbeeren für ein hohes vegetatives Wachstum im ersten Jahr. Erst im zweiten Jahr folgen dann die Blüten und somit die Früchte.
Foto: MNStudio/Adobe Stock
Die meisten und größten Früchte werden bei Kulturheidelbeeren an den einjährigen Seitentrieben gebildet. Daher sollten Sie für einen hohen Anteil dieser Triebe sorgen. Schneiden Sie dazu im Februar/März alte verzweigte Triebspitzen knapp oberhalb eines einjährigen Triebes ab. Sie können die einjährigen Triebe leicht an der noch glatten, grünlichen Rinde erkennen. Gleichzeitig sollten sie vergreiste Äste, erkennbar an der silbrig grauen Rinde, komplett direkt über dem Boden entfernen (Abb. 8) – zur fortlaufenden Verjüngung und je nachdem, wie dicht die Pflanze ist, ein bis drei alte Haupttriebe pro Jahr. Im Sommer sollten Sie zudem abgestorbene oder abgeknickte Ästchen herausschneiden.
Zeichnungen: Viets/Verlag W. Wächter
Bei alten, bereits vergreisten Sträuchern können Sie auch eine „Radikalkur“ anwenden und den Strauch nach dem Winter absetzen, also alle Triebe bodennah abschneiden. Die Pflanze baut sich neu auf und ist dann wieder jugendlich und frisch. Allerdings müssen Sie im Jahr dieses Verjüngungsschnittes auf die leckeren Blaubeerfrüchte verzichten und bis zum nächsten Sommer warten.
Auch wenn der Schnitt beim Beerenobst etwas mühsam und bei Brombeeren und Stachelbeeren nicht immer ganz schmerzfrei ist, sorgt er doch auf lange Sicht für vitale Sträucher, volle Erntekörbe und auch zufriedene Gärtner.
Thomas Kleinworth
Geschäftsführer und Fachberater
des Landesverbandes Schleswig-
Holstein der Gartenfreunde