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Eine Stadt als blühender Riesengarten
RHODO 2014 in Westerstede
Steile Berghänge, kühle Winde und dichte Nebelschwaden, so oder so ähnlich stellen sich die meisten Menschen wohl die Wälder am Himalaya vor – die Heimat des Rhododendrons. Im krassen Gegensatz dazu steht da das ziemlich flache Ammerland – erstaunlich, dass der Rhododendron ausgerechnet hier eine zweite Heimat gefunden hat.
Das Ammerland gilt zweifellos als Baumschulland. Aufgrund der moorigen Böden und der dadurch leichten Verfügbarkeit von Torf siedelten sich hier besonders viele Gartenbaubetriebe an. Heute gibt es im Landkreis Ammerland auf 2600 ha mehr als 350 Baumschulen, von denen 90 % aller in Deutschland gezogenen Rhododendren und 75 % der Freilandazaleen stammen. Aber nicht nur der Boden, auch die Nähe zum Meer und die daraus resultierende Luftfeuchtigkeit begünstigen die Rhododendronproduktion.
Da liegt es nahe, im Herzen des Ammerlandes, um genauer zu sagen in Westerstede, alle vier Jahre die größte Rhododendronschau Europas zu veranstalten. Schon der Weg dorthin ist ein Erlebnis. Nahezu jeder Garten entlang der Strecke ist mit zahlreichen Rhododendren bepflanzt, die wiederum die farblichen Vorlieben der Bewohner erahnen lassen.
Ein Mekka für Rhododendronfans
In Westerstede angelangt, ist man zunächst etwas irritiert, lassen einen die Bauzäune doch glauben, man stünde am Rand einer Großbaustelle. Wer sich davon nicht abschrecken lässt und durch eine der Öffnungen tritt, wird für seinen Mut belohnt. So ist der alte Marktplatz rund um die historische St.-Petri-Kirche für sich schon ein schöner Anblick, in einen blühenden Riesengarten verwandelt aber noch einmal deutlich beeindruckender. Das sagten sich wohl auch die ersten Gäste, die am frühen Samstagmorgen das Ausstellungsgelände betreten. Viele von ihnen nutzen das gute Wetter für einen spontanen Ausflug, andere haben bereits einen weiteren Weg zurückgelegt – sie kamen mit Reisebussen aus Dänemark und den Niederlanden. Unter ihnen auch Inga Petersen aus der Nähe von Odense, die meint: „Für so eine Fülle an blühenden Rhododendren nehme ich den weiten Weg gerne in Kauf.“
Bürgermeister Klaus Groß zeigt sich während seiner Eröffnungsrede ebenso beeindruckt. „So viele Besucher hatten wir zum Auftakt noch nie. Viele sind ganz überrascht von der Auswahl der Pflanzen und loben den Einsatz und die Kompetenz unserer Baumschulbetriebe“, freut sich Groß. „Die RHODO hat 1972 ganz klein angefangen mit ein paar Pflanzen in den Straßen. Die Veranstaltung wurde immer größer, und inzwischen ist es die 14. RHODO, zu der mehr als 100.000 Besucher erwartet werden“, sagt er weiter. „So etwas auf der grünen Wiese zu veranstalten, das kann jeder, doch mitten in der Stadt, das ist einzigartig, wenn auch damit ein hoher logistischer Aufwand verbunden ist“, betont Groß.
Formen, Farben und Besonderheiten
Die 14. RHODO steht übrigens unter dem Motto „Rhododendron kann mehr als blühen.“ Auf rund 20.00 m² werden Rhododendren in allen Formen und Farben gezeigt. Planer Niels Blatt vom Büro Horeis+Blatt Partnerschaft aus Bremen meint dazu: „Die Blüte ist jetzt auf dem Höhepunkt. Gezeigt wird aber auch, dass Rhododendren nicht nur blühen können, sondern auch durch ihren Austrieb und den Wuchs überzeugen. Gemeinsam mit der Stadt und den Baumschulen wollen wir den Besuchern die Besonderheiten dieser spannenden Pflanzen aufzeigen, den Blickwinkel verändern und auch die junge Generation der Gartenbesitzer neugierig machen. Rhododendren bieten viele Möglichkeiten für die moderne Gartengestaltung.“
Wenn man als Besucher über das Gelände wandelt, hat man die Möglichkeit, mehrere Themenbereiche zu erleben. So ist der Marktplatz mit Lärchen, anderen Großgehölzen und Steinen als Gebirge gestaltet und soll die Heimat der Rhododendren symbolisieren. Die Bepflanzung wirkt beim Betrachten ruhig, knallige Farben sucht man hier vergebens.
Wenn man den Blick schweifen lässt, fallen einem sofort die mit weißen Stoffbahnen verhüllten „Kastenlinden“ à la Christo auf. Das wirkt im ersten Moment etwas irritierend, und erweckt den Eindruck, dass nach den Aufbauarbeiten das Auspacken vergessen wurde. Hier setzt sich aber nur konsequent das Konzept fort. Gestalter Niels Blatt sagt dazu: „Das Weiß symbolisiert Nebel oder Wolkenschichten. Gleichzeitig wird die Wirkung der Bäume zugunsten der bepflanzten Beete zurückgenommen.“
An der St.-Petri-Kirche kann man „Rhodos im Detail“ bewundern. Neben Einzelaspekten der Pflanzen steht ein deutsch-polnischer Garten im Mittelpunkt. In der Pflanzenschauhalle stehen die Rhododendren im Rampenlicht. In einem abgetrennten dunklen Bereich werden besondere Exemplare durch Lichteffekte hervorgehoben. Darunter ist beispielsweise auch eine große 75 Jahre alte Wildform.