Frage:
Ich habe einen Kleingarten, der
I. Beetflächen hat mit Gemüse usw.
II. auch Obstbäume hat, die auf Rasen stehen
Welche Mindestgröße muss mein Beet haben - unter Anrechnung der vorhandenen Obstbäume,
I. damit die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit erhalten bleibt
II. wer muss die Flächen feststellen, nachweisen (z.B. ausmessen)
III. Wer definiert die Parameter bei der Bestimmung der Fläche?
Wenn jemand behautptet die Beetfläche ist zu klein, dies aber nicht nachweisen kann (nicht gemessen), was tut man dann am besten?
Es gibt ein Urteil des Bundesgerichtshofes:
BGH-Urteil III ZR 281/03 2004
Verkündet am: Freitag, 17. Juni 2004
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG
Verkündet am:
17. Juni 2004 Freitag, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
in dem Rechtsstreit
a) Eine Kleingartenanlage setzt nicht voraus, daß wenigstens die Hälfte ihrer Fläche zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Ei- genbedarf (insbesondere Obst und Gemüse) genutzt wird.
b) Es genügt, wenn diese Nutzung den Charakter der Anlage maßgeblich mitprägt.
c) Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn wenigstens ein Drittel der Flä- che zum Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf genutzt wird. Besonderheiten, wie eine atypische Größe der Parzellen, topo- graphische Eigentümlichkeiten oder eine Bodenqualität, die den Anbau
von Nutzpflanzen teilweise nicht zuläßt, können eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen.
Bei der Beurteilung, ob es sich bei dem jeweils fraglichen Gartenkomplex um eine Kleingartenanlage oder um eine sonstige Erholungs- oder Wo- chenendsiedlergartenanlage, eine Ferien- oder Wochenendhaussiedlung han- delt, ist auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht einzelner Parzellen ab- zustellen (Senat aaO, S. 783 m.w.N.). Dies ist schon deshalb notwendig, weil in Fällen, in denen die gesamte Anlage Vertragsgegenstand eines Hauptnut-
-7-
zungs- oder Zwischenpachtverhältnisses ist, dieser Vertrag nur einheitlich ent- weder den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes oder denen des BGB beziehungsweise des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unterworfen sein kann (Senat aaO).
Weiter:
Ein zentrales Merkmal eines Kleingartens ist die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, also die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehöri- gen. Kennzeichnend für diese Nutzungsart ist die Vielfalt der Gartenbauer- zeugnisse (z.B.: Senatsurteil vom 16. Dezember 1999 aaO). Das zweite vom Gesetz hervorgehobene Element ist die Nutzung zu Erholungszwecken.
Weiter:
Die überwiegende Meinung (OLG Naumburg OLGR 2001, 435, 437 f; Mainczyk, Bundeskleingartengesetz, 8.Aufl., §1 Rn.9; MünchKomm-BGB/ Kühnholz, 4. Aufl., § 29 SchRAnpG Rn. 6; Otte in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand November 1997, § 1 BKleingG Rn. 8; Schnabel ZOV 2001, 227, 228 f; vgl. auch Friedrich NJ 2003, 12, 14) hält es für das Vorliegen einer Kleingartenanlage für erforderlich, daß die Nutzung zum Zwecke der Gewin- nung von Gartenerzeugnissen überwiegt. Hieraus wird der Schluß gezogen, der Ziergartenanteil (Zierpflanzen und Rasen) dürfe nicht größer sein als der des Nutzgartens (Schnabel aaO) oder zumindest dürfe die der Erholungsfunk- tion dienende Fläche die nutzgärtnerisch verwendete nicht übersteigen (OLG Naumburg, Mainczyk, Kühnholz, Otte aaO). Die Gegenauffassung (LG Pots- dam, Urteil vom 3. November 1998 - 6 S 83/97 - Urteilsdruck S. 2; VG Frankfurt (Oder), juris Nr. MWRE106139800; Stang, Bundeskleingartengesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 9; vgl. auch BVerwGE 68, 6 ff) meint demgegenüber, auch das Über- wiegen der reinen Erholungsfunktion sei mit einer kleingärtnerischen Nutzung vereinbar. Erforderlich sei lediglich, daß der Anbau von Gartenfrüchten nicht nur eine völlig untergeordnete Bedeutung habe.
Weiter:
Die Gartenfläche sollte dementsprechend nicht allein aus Rasenbewuchs und Zierbepflanzung bestehen dürfen (Begründung der Bundesregierung zum Bundeskleingartengesetz aaO, S. 12). Umgekehrt wi- derspricht es der kleingärtnerischen Nutzung nicht, wenn die Parzelle aus- schließlich zum Anbau von Obst und Gemüse verwendet wird (Mainczyk und Stang jew. aaO).
Weiter:
Das verfassungsrechtliche Postulat einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung des Privateigentums umfaßt das Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange derjenigen Mitbürger, die auf die Nutzung des Eigentumsgegenstandes angewiesen sind. Das Maß und der Um- fang der dem Eigentümer zugemuteten und vom Gesetzgeber zu konkretisie- renden Bindung hängt davon ab, ob in und welchem Ausmaß das Eigentums- objekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht (BVerfGE 52, 1, 32 m.w.N.). Je stärker der Einzelne auf die Nutzung fremden Eigentums an- gewiesen ist, um so weiter ist der Gestaltungsbereich des Gesetzgebers; die- ser verengt sich, wenn dies nicht oder nur in begrenztem Umfang der Fall ist (BVerfGE aaO, m.w.N.).
Weiter:
Unbeschadet dessen wird es in der Regel der Fall sein, daß die Erzeugung von Gartenbauprodukten den Charakter einer Anlage nicht mehr maßgeblich mitprägt, wenn mehr als zwei Drittel der Flächen als Ziergarten bepflanzt sind.
Weiter:
5. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus fol- gerichtig - im wesentlichen darauf beschränkt, festzustellen, daß in der Anlage des Beklagten am 3. Oktober 1990 Gartenerzeugnisse in nicht vernachlässig- barem Umfang angebaut wurden. Ob dem eine den vorstehenden Kriterien ge- nügende Gesamtbewertung des Charakters der umstrittenen Anlage zugrunde liegt, läßt sich den getroffenen Feststellungen nicht mit der erforderlichen Ein- deutigkeit entnehmen. Deshalb ist dem Senat eine abschließende Entschei- dung nicht möglich und die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Quelle Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=29606&pos=0&anz=1
Wie ist das nun konkret zu interpretieren?
Wie groß muss den mein Beet konkret sein, wenn ich auch noch Obstbäume habe?
Nur Rasen und Obstbäume (eine Obstwiese) wird nicht akzeptiert. Mancher Verband und Vereinsvorstand kann nach Jahrzehnten keine konkrete Aussage treffen, wie groß das Beet denn nun zu sein hat in % oder qm.
Es wird willkürlich bei einer Begehung ohne auszumessen einfach bestimmt, dass Beet wäre zu klein und anschließend sanktioniert.
Doch: wie groß genau muss denn das Beet sein, damit es (in Verbindung mit diversen Obstbäumen) ausreichend groß ist? In mancher Rahmengartenordnung steht kein Wort darüber, welche Anbaufläche für einen Obstbaum angerechnet wird.
Was bedeutet "maßgeblich prägend" und wer entscheidet, ob genung Maßgeblichkeit vorhanden ist?
In anderen Rahmengartenverordnungen steht genau, wieviel Obstbäume angerechnet werden z.B. so:
In vielen Kleingartengebieten werden 10 Quadratmeter je Obstbaum anerkannt, z.B. in Berlin Treptow:
Anrechnung 1 Obstbaum = 10 Quadratmeter
Beispiele und Quellen für 10 Quadratmeter Anwendung:
http://www.gartenfreunde-treptow.de/gartenordnung
http://www.kgv-freiroda.de/
http://www.kleingartenverein-fruehauf.de/gut_zu_wissen.html
http://www.kolonie-canova-ev.de/gartenfachberatung.html
Wenn Ihr unsicher seid:
1. Stellt eine schriftliche Anfrage an Euren Verein und/oder Verband, z.B. so:
"Welche Methodik wird für die Beurteilung angewendet, um die 1/3 Anbaufläche unter Bezugnahme der Obstbäume und Gemüsebeete zu kalkulieren? Bitte erläutern Sie mir schriftlich, wie Sie die Flächen beurteilen und berechnen."
2. Bezieht Euch in Eurem Schreiben auf das BGH-Urteil, z.B. so:
"Bitte erläutern Sie mir Ihre Methodik zur Ermittlung der nötigen 1/3 Anbauflächen unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofes III ZR 281/03 vom 17.06.2004."
3. Fragt ganz konkret, in welchem Maß Eure Obstbäume angerechnet werden, z.B. so:
"In welchem Ausmaß - bitte Angabe in Quadratmeter - werden die vorhandenen Obstbäume als Anbauflächen berücksichtigt, bei Beachtung der Feststellungen aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes III ZR 281/03 vom 17.06.2004?"
Die Antwort dürfte aufschlussreich sein.
Die Instanzen (Verband, Eigentümer, Verein) sollen Euch gegenüber ganz KONKRET sein und sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben und Urteile deutscher Gerichte halten. Kein Rumgeschwurbel, kein Wischiwaschi - ganz konkret in Zahlen und Parametern, die jedem verständlich sind und die somit dann auch jeder umsetzen kann.
Konkrete Einzelfallbeurteilung anhand von Zahlen mit Beweisen wie Ausmessung, Fotos usw.
Im Grunde interpretiere ich es so, dass es keine konkrete Beurteilungsmöglichkeit gibt. Die sogenannte "Maßgeblichkeit" soll gegeben sein. Doch wie schätzt man das ein? Und vor allem wer? Dass kann sehr willkürlich geschehen.
Einige Rahmengartenordnungen haben es sehr praktikabel gelöst. Mind. 10% Obst- und Gemüsebeete, Rest werden Obstbäume angerechnet, je Obstbaum 10qm. Damit kann jeder etwas anfangen und der Wahnsinn hat ein Ende.
Zitat:
",,Kriterien der nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung als Teil kleingärtnerischer Nutzung im
Sinne von § 1 des Unterpachtvertrages sind Beetflächen, Obstbäume/Beerensträucher sowie Flächen, die ausschließlich der Unterstützung dieser Bereiche dienen. Dabei muss der Obst- und Gemüseanbau als Abgrenzung zu anderen Gartenformen dem Kleingarten das Gepräge geben und mindestens ein Drittel der Gartenfläche betragen. In diesem Sinne gehören:
zu den Beetflächen: Ein- und mehrjährige Gemüsepflanzen und Feldfrüchte, Kräuter und Erdbeeren, Sommerblumen,
zu den Obstbäumen/Beerensträuchern: *Obstbäume, Beerensträucher, Rankgewächse sowie Nutzpflanzen für die Tierwelt,
zu den kleingärtnerischen Sonderflächen: Gewächshäuser, Frühbeete, Kompostanlagen.
Beetflächen, die mindestens 10 % der Gartenfläche einnehmen müssen, sind flächenmäßig überwiegend als Gemüsebeete zu gestalten. Sie können teilweise oder ganz in Form von Hochbeeten angelegt sein und dies insbesondere in Abhängigkeit von der Bodenqualität (Schadstoffbelastungen)."
Wieviel Quadratmeter für Bäume und Sträucher jeweils berechnet werden, gibt der Verband ebenfalls vor´, nämlich 10 m² bis Halbstamm, 5 m² bis Viertelstamm/Spindel und je Beerenstrauch 2 m²."
Quelle:
https://www.gartenhaus-gmbh.de/magazin/ein-drittel-kleingaertnerische-nutzung/
Und fertig. Perfekt!