Die Idee, aus demographischen Gründen nicht mehr zu verpachtende Flächen an die Tafeln abzugeben um dort Beschäftigung für für sogenannte 1-Euro-Jobber und zusätzlich noch etwas frisches Obst und Gemüse für die Bedürftigen zu erzeugen, die mag einigen Charme haben. Doch wie schnell es geht, eine solch Idee zu pervertieren, das mag der folgende Bricht aus einem hier im Forum schon mehrfach besungenen Kleingartenverein zeigen.
Hier werden nicht etwa nicht mehr zu verpachtende Flächen abgegeben. Nein, wie wir in der Sächsischen Zeitung (03.04.09) lesen konnten: "Obwohl die Bühlauer Waldgärten genug Anfragen für ihre 348 Parzellen haben, werden zwei von ihnen als Tafelgarten genutzt. ... Der erste Tafelgarten (in Dresden. Anm. l.) entstand an der Hansastraße, einen weiteren gibt es an der Wiener Straße. \'Als wir davon hörten, wollten wir einen eigenen einrichten\', erzählt Schmidt." Also Sponsoring durch einen gemeinnützigen Verein? Extra für die Tafeln angebautes Obst und Gemüse? Oder nur Eitelkeit (bzw. schlimmeres) eines Vorsitzenden?
Zudem stellt man sich schon mal die Frage, ob derartiges eigentlich noch mit den Tafelgrundsätzen vereinbar ist, die lauten: "Ziel der Tafeln ist es, qualitativ einwandfreie Nahrungsmittel, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, an Menschen in Not zu verteilen."
Abgesehen davon, dass hier "Menschen in Not" selbst die zu verteilenden Nahrungsmittel zusätzlich erzeugen (also nichts mit den o.g. Grundsätzen) kann sich auch keiner von diesen -und ich habe selbst mit den Leuten gesprochen- wirklich keiner kann sich einen Garten in besagtem Verein leisten! Die Kosten für Pacht und Umlagen bewegen sich in Gefilden, die im Forum schon ausführlich besprochen wurden. Kaum bezahlbar für einen Hartz-IV- oder Grundsicherungs-Empfänger!
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, muss ich etwas ausholen. Die Leser des Online-Forums erinnern sich noch? Die Laube der als "Problemgärtnerin" eingestuften Öko/Bio-Gärtnerin brannte, wie zuvor schon die Laube eines anderen, psychisch behinderten "Problemgärtners", bis auf die Grundmauern/Bodenplatte nieder. Sie kündigte, die Auflagen waren von ihr nicht zu stemmen. Und der Verein war froh, DIE endlich los zu sein. Nun, genau DER Garten, langjährige Leser ahnen es bereits, ist einer der beiden Tafelgärten. Der Brandschutt wurde auch nicht etwa vom Verein, nein er wurde von o.g. ABM-Kräften beräumt. Mit all dem bösen "Bio", den Flugsamen etc. dürfen die Hartz-IV-ler nun Schluss machen. Ganzflächig wird der Garten von "Unkraut" befreit und bestellt. Kartoffeln sind dafür die erste Wahl.
Und -jetzt kommt der absolute Clou- der Garten wird nach zwei Jahren der Bewirtschaftung als Tafelgarten keimfrei an den Verein zurück gegeben. So die Worte der ABM-Leute. Da muss man erst mal drauf kommen. Soviel Chuzpe im Angesicht von Hartz-IV! Lässt sich doch in solch "gepflegtem" Zustand ein Garten in gehobener Kleingarten-Gesellschaft eher an Leute vergeben, die mehr als einen symbolischen Obolus zu zahlen bereit und fähig sind und die vor allem die laufenden Kosten nicht schrecken. Da bleiben die ABM-Kräfte schon mal schön außen vor.
Um das Kraut völlig fett zu machen: Nach Auskunft der ABM-Leute sei auch der andere "brandgeschädigte" Garten als weiterer Tafelgarten angedacht. Das jedoch wurde mir vom Betreuer der "Massnahme" so auf Nachfrage nicht bestätigt. Es stünde noch nichts fest... seine Ansage. Nun ja, möglicherweise ist besagter Gartenfreund doch nicht so beknackt wie der Große Vorsitzende, der ihn ja schon mal entmündigen lassen wollte, in seiner Einfalt annahm? Das läßt hoffen!
So wird also auch die Idee der sozialen Funktion von Kleingärten ad absurdum geführt, von der wir u.a. bei Wikipedia lesen:
"Das Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux, eine seit 1926 bestehende Vereinigung von über drei Millionen europäischer Kleingärtnern, beschreibt die sozialen Funktionen von Kleingärten wie folgt: ...
* Berufstätigen bieten die Kleingärten eine Entspannung vom Arbeitsstress durch gesunde Betätigung; eine ideale Alternative zum Arbeitsalltag.
* Arbeitslosen bieten die Kleingärten das Gefühl, gebraucht zu werden und noch dazu zugehören; ein Mittel den Müßiggang zu vermeiden; ein Zuschuss an frischem Gemüse zu einem Minimalpreis.
* Immigranten bieten die Kleingärten eine Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und sich besser im Aufnahmeland zu integrieren
* Behinderten bieten die Kleingärten einen Ort an dem er am Vereinsleben teilnimmt, Kontakte knüpft und so der Isolierung entgeht; das Erleben vom Säen und Pflanzen, vom Wachsen, Gedeihen und Ernten.
* Senioren bieten die Kleingärten einen Ort des Gesprächs und der Ruhe durch die Zusammenführung von Menschen mit gleichen Interessen; über Jahre gewachsene Kontakte; individuelle Selbstverwirklichung und Beschäftigung im 3. Lebensabschnitt im eigenen Garten.
Die sozialen und ökologischen Funktionen des europäischen Kleingartenwesens finden mittlerweile auch Eingang in die entwicklungspolitische Zusammenarbeit. Seit 2003 sind z.B. auf den Philippinen mehrere Kleingartenanlagen für städtische Arme mit Unterstützung deutscher und belgischer Partner entstanden." Soweit Wikipedia.
Möglicherweise wird es, wenn die beschriebene Pervertierung Schule macht, nicht mehr lange dauern, bis hier bei uns erste Kleingartenanlagen für städtische Arme mit Unterstützung philippinischer Partner entstehen. Wir werden sehen...
Bis dahin Grüße aus Dresden
lutz