Freizeit- und Laubennutzung in Tafelgärten

Begonnen von Chris, 22. Juli 2009, 11:16:00

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Chris

Es wurde in diesem Forum ja schon oft über Tafelgärten diskutiert.
Wie auch immer man sich zu diesen positioniert, sie sind vorhanden und werden immer mehr.
Da ja im Vergleich zu gepachtetem Bauernland zwar die Pacht die vierfache Höhe beträgt, aber im Unterschied zum Grabeland eine Laube das Land ziert und der Kleingarten auch eine Freizeitnutzung vorsieht, stellt sich natürlich die Frage nach der Praxis der Nutzung der Laube und der Freizeitnutzung.
Meist werden ja Tafelgärten von 1-€-Jobbern bewirtschaftet, wodurch auch sehr viel Geld ("Regiekostenerstattung") in die Kassen der Tafeln gelangt. Denn der Maßnahmeträger bekommt ein mehrfaches des Geldes, das an die Erwerbslosen als Mehraufwandsentschädigung ausgezahlt wird. Für die Vereinskasse macht sich der im Vergleich zum Grabeland erhöhte Pachtzins also weniger stark bemerkbar als man annehmen möchte.
Wenn nun also 10 1-€-Jobber den Garten bewirtschaften, wer darf dann im Garten grillen,  sich in der Sonne flezen, im Schatten unterm Obstbaum dösen und mit seiner/m Liebsten erotische Stunden in der Laube verbringen?
Sind diese gesetzlich vorgesehenen Nutzungen des Kleingartens auf die 1-€-Jobber beschränkt?
Gibt es ein Rotationsverfahren für die "Kunden" der Tafel, um in diesen die Liebe zu Natur und Gärtnerei zu wecken?
Darf auch der Vorstand der Tafel mit seiner Familie ein lustiges Wochende mit den 1-€-Jobbern auf Parzelle verbringen?
Oder NUR der Vorstand?
Wie also ist es um die gesetzlich vorgesehene Freizeit- und Erholungsnutzung der Tafelgärten und der darauf befindlichen Lauben in der Praxis bestellt?

lutz

Hallo Chris,

eine interessante Fortsetzung meiner Überlegungen.

Allerdings sollte man diese Fragen an die Tafeln bzw. die "Maßnahmeträger" stellen, denn die sind mE. für die "Spielregeln" verantwortlich. (Ich weiß, mancher Vorstand -ich denke jetzt an keinen bestimmten!- würde sich auch gern um derartige Belange "kümmern". Bei 1-€-Jobbern würde er damit eventuell gar durchkommen, aber würden das sich die Gärtner gefallen lassen? Diejenigen mit einem (noch) recht regen Sexualleben doch hoffentlich nicht...)

Zumindest schikanöse Maßnahmen, wie die Beseitigung auch der geringsten "Erholungsfläche" und Umwandlung derselben in Kartoffelacker sind als Ergebnis der Guten Zusammenarbeit von KG-Vorstand und Maßnahmeträger auszumachen.

Die Frage, wo denn die gesetzlich vorgesehenen Nutzungen des Kleingartens zur Erholung bei den Tafelgärten zu finden sei, wurde neulich im übertragenen Sinne in einem ARD-Bericht zur "Armutsindustrie" von einer Dame vom ADAC(?) wahrlich menschenverachtend am Beispiel von zum Stricken vergatterten Frauen mit: "Die roten Backen hätten sie mal sehen sollen!" beantwortet.

Zur Praxis mein Vorschlag, wenn die 1-€-Jobber einigermaßen helle sind: Wartet bis die Sklavenaufseher bei Muttern sind. Dann Bier und Steaks vom Aldi, den Grill und die Musik angeworfen und; Holliday im Garten! Scheiß auf die Kartoffeln! Die Nachbarn? Wer arbeitet darf auch feiern!
Die Gartenvorstände würden recht schnell kuriert.
Harte Zeiten erfordern harte Maßnahmen!

Doch in der tatsächlichen Praxis sieht es (noch) etwas anders aus, sind die "Sklaven" zu sehr eingeschüchtert. Da ist die "Erholung", soweit ich das einschätzen kann, auf die "Arbeitszeit" beschränkt.

Mit  Grüßen aus Dresden

Lutz

Chris

Hallo Lutz,

in der Tat sind 1-€-Jobber oft zu eingeschüchtert, es wird auch hanebüchener Unfug mit ihnen getrieben. Als selbst von Hartz IV Betroffener kann ich ein Lied davon singen. Hier in Bremen ist es z.B. Vorschrift, daß 1-€-Jobber im Rahmen der "Maßnahme" für etwa 6 Wochen kostenlos für ein Unternehmen vorzugsweise der Privatwirtschaft arbeiten. Die Maßnahmeträger hier haben da immer befreundete Firmen, z.B. in der Abfallentsorgung an der Hand... Ich hatte mich seinerzeits im Rahmen meines 1-€-Jobs für die Ableistung meines Zwangspraktikums u.a. beim Bund der Steuerzahler und dem Bundesrechnungshof beworben... Leider erfolglos, obwohl ich wahre Dankesschreiben als Antwort bekam ;-)

Wenn ich als 1-€-Jobber eine Parzelle bewirtschaften müsste, ich währe auch auf den Versammlungen des Kleingartenvereins, da ich mich als stimmberechtigt und mit aktiven und passiven Wahlrecht ausgestattet sehen würde.
Wenn ich schon buddel, will ich auch um den Posten des Vereinsvorstandes kandidieren können, wenn es sein muss auch in einer Kampfabstimmung.
Denn der Pächter muss den Garten ja selbst bewirtschaften, wenn ich bewirtschafte, bin ich also Pächter mit allen Rechten dem Kleingartenverein gegenüber.
Und die gesetzlich erlaubten Übernachtungen in der Laube würde ich auch in Anspruch nehmen, ein möglicher Weise wochenendlich dort eingedrungener Vorsitzender eines Tafelvereins könnte Probleme bekommen.

Man, was bin ich froh, daß mein Gartenverein bei solch wirren Geschichten wie Tafelgärten, 1-€-jobs etc. nicht mitmacht sondern lieber Gärten an Hartz IV Empfänger wie mich verpachtet, damit wir in Würde und selbstbestimmt was machen können.

Wenn, wie von Dir bezüglich Dresden geschildert, jede Erholungsfläche für Kartoffelacker geopfert wird, ist ja zu befürchten, daß auch die ökologisch notwendigen Totholzhaufen etc. dem Gemüse geopfert werden. Grabeland wäre da doch billiger. Eine kleingärtnerische Nutzung ist sowas jedenfalls nicht.
Nicht daß ich etwas gegen Gemüseanbau hätte, wenn ich alles zusammenzähle, was ich für Gemüse, Obst und Kompostierung verwende, komme ich deutlich über 70% der Gartenfläche. Und es war verdammt nicht einfach aus blau-grauem Lehmboden mit Eisenerzeinlagerungen was brauchbares zu machen, da mussten schon ein paar Eimer Sand eingearbeitet werden und durch extensiven Anbau gut grüngedüngt werden neben dem gelegentlichen Umgraben mit der Axt... Aber der Zeisig will auch seinen Wohnbereich und der zu Zeiten reichlich herabfallender Süßkirschen sogar zutraulich schwankende Siebenschläfer, der Bilch der Knilch, auch.
Klar, für das selbe Geld könnte ich die vierfache Fläche Grabeland pachten, aber ich mag es eben, auch den Kumpels Zeisig, Siebenschläfer, Erdkröte, Frosch, Grünspecht und Eidechse Gutes zu tun. Trotz eigener Armut. (Und ja, es ist eine Sauerei, daß diejenigen, die mit ihren Produkten nicht auf den Markt dürfen und weit mehr Auflagen zu erfüllen haben, die vierfache Pacht der Kommerziellen zahlen müssen.)
In meinem Bekanntenkreis muss keiner mehr zur Tafel gehen, und ich bin nicht der einzige Hartz IV Empfänger in meiner Gartennachbarschaft.
Gut für uns, schlecht bloß für die Hauptamtlichen in der Armutsindustrie...

lutz

Korrektur: Die "DAME" war nicht! vom ADAC sondern von der DEKRA. Sorry, ADAC.

Lutz

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