Ohne Moos nichts los

Begonnen von LindHorst, 02. Oktober 2009, 16:27:00

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LindHorst

...unter diesem ,,Motto" melden sich gleich zwei Landesverbände (LSK und Westfalen und Lippe) in der Zeitung zu Wort um den Vorständen der Kleingarten-Vereine ,,eine schlüssige Argumentationskette" in die Hand zu geben, kritische Nachfragen zu anstehenden Beitragserhöhungen abzuschmettern. Da wird mit dem möglicherweise drohendem Konkurs des Vereins ein Popanz aufgebaut, daß man sich fragt; Machen die jetzt den Schäuble?
Die Frage: ,,Der Gartenfreund auf Parzelle 42 ist doch Sozialhilfeempfänger, wie soll der das denn bezahlen?"  wird zwar als mögliches Gegenargument aufgeworfen, eine Antwort bleibt man uns aber schuldig.
In der ,,schlüssigen Argumentationskette" werden r...frech Äppel mit Birnen verglichen, die Garage für 60 € /Monat mit dem Mitgliedsbeitrag. Mal ehrlich Mädelz, welcher Hartz-IV-Empfänger hat noch \'ne Garage?
Vergleiche werden angestellt, die für alle nachvollziehbar sind – wie zum Beispiel: ,,Was kostet ein Kinobesuch oder eine Pizza?" Genausogut könnt Ihr den Gartenfreund von Parzelle 42 fragen, was eine Eigentumswohnung kostet. Oder, um noch mal den Schäuble zu machen, was die Zigaretten und das Bier kosten. Echt. SO kann man alles miteinander vergleichen. Eben Äppel mit Birnen!
Weiter fabuliert ihr drauflos: ,,Ein Pächter eines Stellplatzes auf dem nahe gelegenen Campingplatz zahlt z.B. im Durchschnitt 2500,– Euro für eine 150 m² große Parzelle." Mädelz, habt ihr das BKleinG  nur nicht gelesen oder den Geist des Gesetzes nicht verstanden? Ihr fragt: ,,Lieber Gartenfreund, was ist Dir denn Dein Hobby, die Möglichkeit, Dich im Garten zu verwirklichen, ihn zu gestalten, wert?" Wollten die Gesetzgeber das Hobby und die kleinbürgerliche Selbstverwirklichung (übrigens mit nicht geringen Zuschüssen) fördern oder doch mit Hilfe all der -von manchen als nicht mehr zeitgemäß und lästig betrachteten- ,,Einschränkungen", wie der Pflicht zum Anbau von Obst und Gemüse, wie der Einschränkung der Lauben-Qualität (einfache Ausstattung, nicht zum Übernachten...) und auch der Wertabschätzung bei Pächterwechsel gerade der ausschließlichen Erholungsfunktion einen sozialen Riegel vorschieben! (Darauf achtet ihr dann anderntags besonders, seht ihr doch sonst die Billig-Pacht in Gefahr.)
Ihr schreibt: ,,Unser Ansehen innerhalb unserer Kommune ist deshalb groß, weil wir zu den wichtigen und aktiven Vereinen gehören. Bei allen wichtigen Veranstaltungen machen wir mit, auch wenn wir dafür eigene Kosten aufwenden. Wer selbst nichts leistet, wer nicht mitmacht, der kann auch keine Förderung erwarten." Dann, Mädelz, solltet ihr doch auch mal anfangen, die o.g. eigenen Kosten gegen den Nutzen aufzurechnen! Sind die eigenen Kosten höher als die (zusätzliche) ,,Förderung", so geht euer Aktionismus doch zuallererst auf Kosten der wenig betuchten z.B. von Parzelle 42 und ist, nebenbei bemerkt, recht merkwürdig kalkuliert in Zeiten der Krise. (Doch eventuell habe ich als Ossi, naturgegeben, so gar keine Ahnung von ,,marktwirtschaftlich" orientierter BWL? Dann nehme ich alles und noch viel mehr zurück!)
Oder, ich wage es kaum zu fragen, erhöht ihr die Beiträge gerade wegen ,,42" ?
Ihr schreibt: ,,Und wir sollten von unseren ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern nicht erwarten, dass sie auch noch eigenes Geld für ihre Tätigkeiten aufbringen. Warum sollen sie keine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten, ihre Fahrtkosten ersetzt bekommen und einen Zuschuss für die Nutzung des eigenen Computers erhalten?"
Nun, ihr vergleicht euch doch sonst so gern mit anderen, wie wäre ein Vergleich mit anderen gemeinnützigen Vereinen? Okay, eigenes Geld wird dort auch nur ausnahmsweise -vor allem in sozial orientierten Vereinen- von den Vorstands- und Vereinsmitgliedern zugeschossen. Doch schon das Ersetzen der Fahrtkosten zum Vereinsort sowie die ,,angemessene Aufwandsentschädigung" ist eher nicht die Regel. Ein Zuschuß für die Nutzung des eigenen PC? Einfach irre! Geht doch mal in die Kleiderkammern, geht doch mal zur Lebensmittelausgabestelle, geht mal in ein Hospiz, das von Ehrenamtlichen (in NRW übrigens von mehr als 8.000 Menschen) unterstützt wird. Und dann fragt dort einmal, wieviel Aufwandsentschädigung die Ehrenamtlichen denn so bekommen!
Ja, führen wir mal eine Wertediskussion! Ist dringend nötig.

LH

Hans

Hallo Horst Lind,

interessanter Beitrag von Dir - mit der richtigen Schlussfolgerung, dass die Wertediskussion  auch in unseren Kleingartenvereinen wichtig ist und immer am Laufenden gehalten werden sollte. Gleichwohl kann ich einige Deiner Ansichten nicht teilen, beispielsweise den Vergleich "Äpfel mit Birnen" im Hinblick auf den (nicht gerade zu beneidenden) "Gartenfreund auf Parzelle 42". Diesen Gartenfreund gibt es in fast allen Anlagen, allerdings mit verschiedenen Charakterzügen im Hinblick auf das Gemeinschaftsleben.

Der (die) eine:

Pech gehabt mit Job und Lebenspartner, alleinerziehend, unter Umständen auch nicht gerade kerngesund und auch nicht jüngeren Alters - und das Geld reicht gerade mal so für das Notwendigste. Aber mit Liebe zur Gartenbewirtschaftung und zur Natur und mit dem Wissen, dass die Gemeinschaft, die die Nutzung des Gartens ermöglicht, erhalten werden muss. Deshalb pflegt er (sie) den Kontakt zur Gemeinschaft und trägt im Rahmen seiner (ihrer) finanziellen, handwerklichen und gesundheitlichen Möglichkeiten zur Erhaltung und Festigung dieser Gemeinschaft bei, wissend, dass er (sie) auch Verständnis und Hilfe erwarten kann, wenn es mal irgendwo "klemmt" (Zahlungstermine, Gartenbewirtschaftung bei Krankheit etc.).

Solche Mitglieder haben wir auch in unserem Verein, und sie können sich bei uns wohlfühlen.

Der (die ?) andere:

auch Pech gehabt im Job, unter Umständen auch nicht der Gesündeste und meist ohne Arbeitseinkommen, auch nicht gerade der geistigen Elite der Nation zuzuordnen, für Arbeitseinsätze zu "krank", aber kräftig genug zum Schleppen von Bierkästen - und der (Tabak-)Schornstein raucht auch pausenlos. Sinn für Gemeinschaft hat er nur, wenn er unter seinesgleichen sein kann. Die Vereinsinteressen sind nicht die seinigen, und jede Regelung und Ordnung betrachtet er nur als Gängelei. Selbstverständlich muss ihm der Vereinskassierer auch hinterherlaufen, wenn es um Pacht und Beiträge geht.
Solche Mitglieder  h a t t e n  wir auch bei uns, aber wir haben ihnen schnell den Daumen gezeigt.

Will damit sagen, dass ein Vergleich von Pacht und Beiträgen mit anderen Kosten (und seien es Bier- und Zigarettenpreise !) durchaus nützlich sein kann, wenn er denn der Situation (und dem Gesprächspartner) angemessen erscheint.

Zu dem Argument:

Was erhalten wir denn vor dem Verband, der die Beiträge von den Mitgliedern in der Vereinen fordert, für Gegenleistungen ?

1. Er ist unsere Lobby bei den Politikern und damit  
   beim Gesetzgeber.
2. Er hat fachkundige Anwälte unter Vertrag, die
   sich ein Verein sonst nicht leisten könnte.
3. Er vertritt als Zwischenpächter die Interessen
   der Vereine beim Verpächter und umgekehrt.

Dass das alles Geld kostet (und mit zunehmender Tendenz) ist ja wohl logisch oder ? - wenn es auch unangenehm ist.

Um dann noch auf die Aufwandsentschädigungen für Vereinsvorstände zu kommen:

Mach mal mit im Vorstand. Dann wirst Du feststellen, dass die Verantwortung gegenüber Gesetzgeber, Finanzamt und Behörden einiges abverlangt (Wissen, Zeit, Geduld, Toleranz, Beharrlichkeit und Courage). Das ist die eine Seite. Die andere ist, den "Haufen" zusammenzuhalten und dafür zu sorgen, dass sich die Mitglieder wohlfühlen können und als Wichtigstes: dass der Verein Bestand hat.
Ich weiß wovon ich rede.

Und nun mal weiter mit der Diskussion!

viele Grüße von

Hans

LindHorst

Hallo Hans. Deine beiden "Pech gehabt-Mustergärtner" sind doch wohl sehr Schwarz-Weiß gemalt. Dazwischen liegen noch Welten.
Die Frage: ,,Der Gartenfreund auf Parzelle 42 ist doch Sozialhilfeempfänger, wie soll der das -also die Beitragserhöhung- denn bezahlen?" wird damit dennoch nicht beantwortet.
Ich glaube mich zu erinnern, daß bei euch im Verein -im Vergleich zu "Westfalen und Lippe"- moderate Beiträge genommen werden, weiß auch von anderen Vereinen z.B. nahe Würzburg (45 EU für Pacht + Beitrag) die es ähnlich halten. Doch es sind scheinbar vor allem die Vereine, die sich ohnehin schon in der Oberliga bewegen, die schnell mal nach mehr Geld rufen, ohne Rücksicht auf "42", aber mit Rückendeckung der Verbände.

Der von diesen oft verteufelte VDGN hat sich da schon mehr Gedanken über eine gerechtere Praxis auch im Hinblick auf "42" gemacht.
Ich zitiere:
...In Abhängigkeit von der Intensität der Kleingartennutzung (Tagesgärtner mit Laube einfacher Ausführung, Wochenend- oder Sommerbewohner mit Ver- und Entsorgung der Laube, Dauerbewohner) könnte die Pacht aber durchaus im Rahmen eines gesetzlich definierten Korridors gestaffelt werden. Und für sozial schwächere Familien müssen Sonderkonditionen für den Erwerb und die Bewirtschaftung eines Kleingartens gelten... (Quelle: www.vdgn.de-2124197.html)

Pan,Peter hat im FolgeThread ja noch einiges zur hiesigen Wertediskussion beigesteuert, das nicht unbeachtet bleiben sollte. Die sich aus völlig verschiedenen Lebenserfahrungen ergebenden verschiedenen Sichten auf "42". Klingt doch oft aus Pensionärssicht das "Argument"durch: Wer arbeiten will, der findet welche! ohne zu verstehen, daß manche(r) -eine mir befreundete  Frisörin z.B.- trotz Arbeit auf Hartz-IV ist und kaum weiß, wie sie sich und ihr Kind ordentlich durchbringen kann.
Eigener Garten? Ein Traum? Pech gehabt?
LH

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