Haus abreißen oder Bestandsschutz ?

Begonnen von Guenter_66, 01. Dezember 2012, 07:47:27

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Guenter_66


Erst einmal möchte ich als neues Mitglied alle anderen grüßen.

Mich beschäftigt seit einiger Zeit die Frage, was passiert, wenn ich einen Tages
meinen Garten aufgeben muss.
Das Problem ist die Größe des Hauses, ca. 56 qm. Ehemaliges "Grundhaus"
ca. 28 qm., später kam ein Anbau (jetzt Küche und Bad) hinzu.
So habe ich es nach dem Tod meiner Eltern vor 24 Jahren übernommen.
Die Schätzkommission hat sich alles angesehen und protokolliert, zuerst stand die
Frage im Raum, ob ich den Anbau abreißen muss, um auf die zulässige
Größe zu reduzieren.
Die Schätzkommission urteilte jedoch zu meinen Gunsten und entschied, dass
der Abriss die Gesamtstatik gefährden würde, das ist auch im Übergabevertrag
festgehalten. Den Kaninchenstall sollte ich abreißen, dem habe ich natürlich
erleichtert zugestimmt und war heilfroh, das Haus in einem Stück zu erhalten.

In den folgenden Jahren habe ich viel investiert, neue Außenfassade, neues
Dach usw.
Jetzt bekomme ich immer wieder von Freunden und Bekannten zu hören, dass
ich im Falle einer Aufgabe des Gartens das Haus abreißen muss.

Ich meine aber, wenn die Größe damals beanstandet worden wäre, hätte ich mich
vielleicht anders entschieden und das Erbe gar nicht angenommen, ein Abriss
wäre wohl teurer geworden als das ganze Grundstück wert ist!!!

Könnte ich mich auf den sogenannten "erweiterten Bestandsschutz" berufen, wenn
es ihn denn gibt? Das Haus steht in seiner jetzigen Größe schon über 32 Jahre,
ohne jemals bemängelt zu sein.
Gilt das auch noch beim Wechsel, d.h. wenn ich mal verkaufe?

Hat jemand schon einmal von einem ähnlichen Fall gehört? Ich bin da etwas
ratlos.

Viele Grüße von
Günter

Hardy

Hallo Günter,
einen verbindlichen Rechtsrat darf Dir hier keiner geben.
Selbst was Dir der Vorstand dazu sagt, ist mit Vorsicht zu bewerten.
Empfehlen kann ich nur, dass Du Dir dier Mühe machst in Aufsätze des Dr. Mainnczyk (Ministerialrat a.D., Bonn) in der Zeitschrift Neue Justiz (Ausgabe 07/2003 und 06/2005) zu besorgen bzw. bei Google danach zu suchen. Der schreibt in beiden Artikeln über die Baulichkeiten in Kleingartenanlagen incl. sogenannter Wohnlauben als auch von Eigenheimen. Insbesondere geht er auch auf den Bestandsschutz ein.
In Berlin gibt es viele KGA, in denen das so ähnlich wie bei Dir aufgrund der Wohnverhältnisse nach dem II.WK zustand kam.
Hast Du eine RS-Versicherung, die Dein Problem tangiert? Oder Du nimmst einen RA in Anspruch. 
Einen schönen 1. Advent aus DD

wolfram

Ich hatte auf solche fragen scho ein par mal geantwortet ... trotzdem werden viele Pächeter auch durch Falschauskünfte manscher Vorstände verunsichert.
Also nicht ins Boxhorn jagen lassen:

Bestandschutz ist in Ost und West unterschiedlich geregelt.
1.) In Westdeutschland sind alle baulichen Anlagen die vor dem Inkrafttreten des BKeinG errichtet wurden bestandsgeschützt. (§ 18 ... BKleiG)

2.) In Ostdeutschland sind alles baulichen Anlagen bestandsgeschützt die vor der Wiedervereinigung errichtet wurden. (§ 20a ... BKleinG)

3.) Wenn das Gebäude in Ostdeutschland eine sog. Schwarzbau(ohne Baugenehmigung) ist, dieser aber 5 Jahre vor der Wiedervereinigung errichtet wurde und in diesen besagten Zeitraum von 5 Jahren - also bis zur Wiedervereinigung  - keine Abrissverfügung durch das Land/Gemeinde erteilt wurde, ist auch dieser Bestandsgeschützt. (§ 20a ... BKleinG und §§ SachenRBerG)

Achtung!!! Der Bestandsschutz ist immer und ausnahmslos objektbezogen. D. h. dass das Gebäude solange bestandsgeschützt ist bis es nicht mehr existiert – also untergegangen ist. Selbst bei dem Wechsel des Pächters. Modernisierungen sind jederzeit möglich. Sollte jedoch in die Statik des Gebäudes eingegriffen werden, so dass diese nicht mehr gegeben ist, verfällt der Bestandsschutz.

Ein Rückbau – wie er oft gefordert wird – ist nicht zulässig!

Noch eine Anmerkung: Wenn Jemand solch eine Gebäude hat, ist es sicherlich auch zum dauerndem Wohnen geeignet. Das heißt dass das Gebäude eine Wohneinheit hat (also Wohnzimmer, Bad, Küche und Schlafzimmer, Strom, Wasser, Kamin oder andere Heizmöglichkeiten). Wenn dies gegeben ist und der Pächter oder Vorpächter seinen Lebensmittelpunkt auf der Parzelle liegt (schon vor der Wiedervereinigung), dann unterliegen diese Parzellen dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz und unterliegt nicht mehr dem BKleinG. Der Pächter ist dann Kaufberechtigt oder kann vom Bodeneigentümer zu Kauf verpflichtet werden.

Hardy

Anknüpfend an Wolfram`s Antwort:, daran halte ich mich:

Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen
(Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG)

Ausfertigungsdatum: 12.12.2007
Vollzitat:
"Rechtsdienstleistungsgesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840), das zuletzt durch Artikel 16 des
Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515) geändert worden ist"
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 16 G v. 6.12.2011 I 2515
Hardy


wolfram

Wiederum schließe ich mich der Bemerkung von Hardy mit dem Zusatz des § 2 (3) an. Das im Forum nur ein Wissens-, Erfahrungs- und Meinungsaustausch stattfindet. Aber wie gesagt in Zweifelsfalle oder in der Streitsache empfiehlt es sich für eine Rechtsberatung einen Fachanwalt des VDGN zu kontaktieren. Da Bestandschutz eines der Hauptarbeitsgebiete des VDGN ist. Der BV oder LV kann dahin gehend nicht solche Interessen vertreten, da er vertraglich die Interessen der Eigentümer also Länder und Gemeinden zu waren hat. Das merkt man in Ostberlin, beim Thema übergroße Häuser, Rückbau und Abriss, besonders deutlich.

dirkx

Kompliziert ist dies dadurch, daß im Laufe vieler Jahre immer wieder
bauliche Veränderungen vorgenommen wurden.
Inwieweit diese evtl. den Bestandsschutz gefährden könnten, wäre sicher
nur vor Ort einzuschätzen ( oder gibt es zu jeder Baumaßnahme eine
Genehmigung ? )

Hardy

Dirkx,
Empfehlen kann ich nur, dass Du Dir dier Mühe machst in Aufsätze des Dr. Mainnczyk (Ministerialrat a.D., Bonn) in der Zeitschrift Neue Justiz (Ausgabe 07/2003 und 06/2005) zu besorgen bzw. bei Google danach zu suchen.
Bei www.gartenfreunde-orlatal.de/resources/BKleinG-NJ_10.pdf
kannst Du auch schlauer werden.
Viele Grüße
Hardy aus DD

dirkx

Nein, ich denke, zuerst müssen wir die Sachverhalte eindeutig darstellen,
dann kommt die Auslegung unter Zuhilfenahme Mainczyk's Texte.

Um es mal konkreter zu machen:
Angenommen, das Bauwerk wäre zum 03.10.1990 legal, und zwar als Gartenlaube,
dann stellt sich die Frage, ob die nachfolgenden Veränderungen so wesentlich
waren, daß sie eine Baugenehmigung erfordert hätten.

Die Aussage von Günter: "viel investiert, neue Außenfassade, neues
Dach usw." würde ich so interpretieren, daß die Veränderungen die Qualität
des Bauwerkes so wesentlich beeinflussten, daß sie nicht genehmigungsfähig
waren, auch dann nicht, wenn sie in kleinen Schritten erfolgten.
Erfolgten die Veränderungen alle nach 1990 ?
Handelt es sich um eine Wärmedämmfassade ?
Wurde unter dem Dach zusätzlicher ausbaufähiger Raum geschaffen ?
Wurde eine neue tragende Konstruktion erstellt ?
Was wurde in Küche und Bad installiert und welche Ver- u. Entsorgungsanlagen
wurden gebaut?









wolfram

Modernisierungen, sogar das komplett neue Aussehen eines Hauses gefährden nicht den Bestandsschutz. Der Pächter hat das Recht sein Eigentum in Stand zu halten und zu modernisieren. Der Bestandsschutz erlischt nur mit dem Untergang des Gebäudes oder wenn solche Veränderungen vorgenommen werden, dass in die Statik des Gebäudes eingegriffen wird und diese somit nicht mehr gegeben ist.

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