Die Narren– oder Taschenkrankheit der Zwetsche

Begonnen von Alain Hamm, 12. Juni 2001, 09:45:00

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Alain Hamm

Hervorgerufen wird dieses Krankheitsbild - in der Literatur bereits 1583 erstmals erwähnt - durch den Pilz Taphrina pruni; der Erreger wurde jedoch erst im Jahre 1860 entdeckt. Ein Blick ins “Meyers Großes Konversations-Lexikonâ€? aus dem Jahre 1909 zeigt uns bereits die typischen Krankheitsmerkmale des mit dem Erreger der Kräuselkrankheit des Pfirsichs nahe verwandten, in die selbe Gattung (Taphrina) gehörenden Verursachers der Narren- oder Taschenkrankheit der Zwetschge,  Taphrina pruni: “T. Pruni Tul. Verursacht an Zwetschenbäunmem die als Narren, Taschen, Hungerzwetschen, Schusterpflaumen bezeichneten Mißbildungen der Früchteâ€?. Weitere, bekannte Erreger der Gattung Taphrina sind Taphrina deformans (Kräuselkrankheit am Pfirsich) und Taphrina cerasi (Hexenbesen an der Kirsche).
Schaderreger und Schadbild:

Junge Früchte entwickeln sich ab Mai - im Verhältnis zum Fruchtwachstum anderer Früchte - schneller, bedingt durch ein vom Pilz produziertes Pflanzenhormon (Indolylessigsäure). Im Ergebnis zeigen sich flachgedrückte, oft etwas gekrümmte, 4-10 cm lange, 1-2 cm dicke, schotenförmige Früchte, deren Oberfläche anfangs glatt und hellgrün - dann mit rotem Anflug - später runzelig, warzig und gelblichgrau bepudert erscheint. Das Fruchtfleisch bleibt grün, hart und Saftlos.
Statt eines Steines befindet sich im Innern ein langgestreckter Hohlraum. Die Früchte sind geschmacklos und ungiftig. Nach der Sporenausschleuderung schrumpfen die Früchte von der Spitze her, faulen und fallen vorzeitig ab Blätter und Triebe werden ebenfalls - jedoch wesentlich seltener - befallen; an den befallenen Trieben zeigen sich Verkrümmungen und Verdickungen bzw. Misswuchs an Blättern.
Krankheitsverlauf (Biologie)

Der Pilz überdauert, für den Betrachter praktisch unsichtbar, saprophytisch an den Trieben, d.h. er ernährt sich von toter, abgestorbener Substanz. Auch liegen einige Sporen (Verbreitungsorgane) in den Knospenschuppen und sind somit bei Kälte noch besser geschützt als das Pilzgeflecht auf den Trieben. Der Pilz infiziert witterungsbedingt - günstig für die Pilzentwicklung ist kühles, regnerisches Wetter, ungünstig trockenes, warmes Wetter - die Fruchtknoten zum Zeitpunkt der Blüte. An der Oberfläche der befallenen Früchte wird im späten Frühjahr ein reifartiger, aus eng beisammenstehenden Verbreitungsorganen gebildeter Belag sichtbar. Diese platzen auf und liefern mit den austretenden Sporen das Ausgangsmaterial für die saprophytische Triebbesiedelung/Überwinterung.
Vorbeugung und Bekämpfung

Grundsatz: Insbesondere bei prophylaktischen Maßnahmen ist ein gemeinschaftliches Vorgehen mit der Nachbarschaft erforderlich.
Bei schwachem Auftreten sind die befallenen Früchte alsbald zu pflücken - vor der Pflaumbildung - und zu vernichten . Es sind keine infizierten Früchte im Bestand Liegenzulassen. Sowohl durch einen regelmäßigen Baumschnitt als auch durch einen schützender Baumanstrich mit einer Kalkbrühe - im Oktober/November ausgebracht - kann der Infektionsdruck gesenkt werden.
Vorliegende Sortenunterschiede sind beim Kauf eines Pflaumenbaumes zu beachten: als stark anfällig gelten z.B. `Hauszwetsche`(!), `Ortenauer` und `Blue fre`; als weniger anfällig dagegen z.B. `Wangenheims Frühzwetsche`, `Bühler Frühzwetsche`oder `President`. Renekloden und Mirabellen gelten, wie bereits erwähnt, als widerstandsfähiger als die Pflaumen.
Vor Regen geschützte Pflaumen (Dachvorsprünge) bleiben weitgehend verschont, da die feuchten, für eine Infektion erforderlichen Bedingungen hier in der Regel unterbleiben.
Spritzungen zum Zeitpunkt der Blüte und/oder - in Untersuchungen oftmals mit besserem Wirkungsgrad - zum Zeitpunkt des Hebens der Knospenschuppen und dem Austriebsbeginn, sind sowohl mit "alternativen" Präparaten als auch mit chemischen Pflanzenschutzmitteln (Fungiziden) möglich. Als "alternative" Präparate können z.B. Rainfarn nach Abtei Fulda, Schachtelhalm- oder Knoblauchbrühe genannt werden. Bei den Fungiziden sind in erster Linie die organischen Fungizidwirkstoffe  Bitertanol, Mancozeb und Metiram zu erwähnen. Nähere information beim Pflanzenschutzamt einzuholen.

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