Kleingartenverein etwas trostlos

Begonnen von Fellhund, 27. November 2022, 12:53:22

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Fellhund

Hallo,

Ich hoffe bei diesen Thema auf Feedback.
Meine Parzelle liegt in einem Verein der seine besten Jahre wohl hinter sich hat. Es gibt Leerstand, Verwilderung mit Bruchbuden drauf und auch Parzellen die zwar verpachtet sind aber ungepflegt. Viele Parzellen haben Pools und Trampolin aber kein Gemüse. Es gibt sogar eine Parzelle mit Kiesbeet. In den letzten beiden Jahren hat sich zwar etwas geändert aber die beschriebene Situation nicht wesentlich.
Das Vereinsleben leidet auch. Die Gemeinschaft und das Interesse daran werden zunehmend weniger, ist so wie in unserer Gesellschaft allgemein. Der Vorstand ist zerstritten und zermürbt. Sie reiben sich auf und stehen wohl auch vor dem Dilemma das Pächter zwar ein Garten wollen aber dann doch überrascht sind das es viel Arbeit bedeutet. Wenn man mahnen möchte betrifft das die Mehrheit der Parzellen. Vielleicht ist man sogar froh etwas verpachtet zu haben und Einnahmen zu generieren als sich endlos rumzuärgern und am Ende verkommt alles.

Ich vermute das es auch anderen Vereinen so ergeht. Gerade da wo das Angebot größer ist als die Nachfrage.

Hat jemand Ideen wie dieser Trend zu stoppen oder vielleicht sogar umzukehren ist.

Skinhead

Oi Fellhund,

das langsame Sterben des Vereinslebens macht sich leider auch bei uns im Kleingartenverein bemerkbar. Zwar ist bei uns die Nachfrage noch höher als das Angebot, die beschriebenen Probleme haben wir aber teilweise auch: Party- und Kinderbelustigungsgärten statt kleingärtnerischer Nutzung, oft ist die Drittelbewirtschaftung schon ein Problem. Bei verwilderten Gärten und Bruchbuden sind wir ziemlich hinterher inzwischen. Gründe sind entweder schwindendes Interesse oder die Tatsache, dass die Leute einfach komplett überfordert sind mit ihrer Parzelle. Viele haben sich einen Garten zugelegt, weil es gerade Mode ist, haben aber im Leben noch keine Schaufel in der Hand gehabt und fallen dann aus allen Wolken, wieviel Arbeit sowas macht.

Wir fahren zweigleisig was das Problem angeht:

1) Gartenvergabe: Wenn eine Parzelle frei wird, laden wir die vordersten 3 bis 5 Leute auf der Warteliste zu einer Begehung ein und geben denen einen groben Plan des Gartens mit. Bis zu einem zweiten Termin sollen die die geplante Gestaltung des Gartens grob skizzieren. Beim zweiten Termin gehen wir das einzeln mit denen durch. Zweck ist weniger, der schönsten Idee den Zuschlag zu geben, sondern festzustellen, wer Ahnung vom Gärtnern hat und wer nicht. Das hat sich insbesondere bei verwilderten Gärten sehr bewehrt. Leute die weniger gärtnerische Vorkenntnisse mitbringen kommen dann eher bei der Übergabe einer gepflegten oder kleineren Parzelle zum Zuge und werden bei Bedarf anfangs auch noch beraten und unterstützt. Und Leute bei denen klar ist, dass es nur ein Partygarten oder ein Lockdown-Kindergartenersatz werden soll kommen gar nicht erst auf die Warteliste.

2) Vereinsleben: Das hat bei uns leider auch die letzten 10-20 Jahre gelitten. Die Vereinsgaststätte ist inzwischen fremdverpachtet und zu den Arbeitsstunden kommen auch immer nur die selben Leute. Wie immer wenn es was zu schaffen gibt. Ein Patentrezept gibt es nicht und alle wird man auch nicht abholen können. Was wir aber machen sind kleinere Veranstaltungen wo man zumindest die interessierten Leute zusammenbringt. Ablegertauschaktion, Baumschnittkurs, etc. Außerdem versuchen wir unsere Jahreshauptversammlung attraktiver zu machen, indem wir dort immer noch einen kleinen Vortrag zu irgendwelchen Themen organisieren, z.B. wie man den Garten an die immer heißeren und trockeneren Sommer anpasst. Zusätzlich kann man noch mit gut kommunizierten Anträgen und langfristigen Entscheidungen mehr Leute auf die JHV locken. Das ganze ist ein etwas zäher Prozess, aber zumindest haben wir so den Verfall der Vereinsstrukturen aufhalten und wieder etwas verbessern können.

Es ist halt wie immer, die Arbeit bleibt immer an der selben Truppe Leute hängen. Aber mit bisschen Sitzfleisch und einem dicken Fell kriegt man das zumindest ein Stück weit verbessert.

Viel Erfolg.

Fellhund

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Leider ist es bei uns eher so das es eher wenig Interessenten gibt und wenn dann haben die natürlich auch Interesse an einer bestimmten Parzelle. Insofern könnte es schwierig werden die Vergabe wie beschrieben zu lenken.
Zu deinem zweiten Punkt, die Idee mit Kursen und Tauschbörsen ist klasse. Auch das Kommunikation und Transparenz im Verein verbessert werden muss ist auch in meinen Augen richtig.

Beim Surfen auf die Homepage eines anderen Kleingartenvereins habe ich gesehen das sie dort ein eigenen Blogger haben der berichtet. Ist nicht unbedingt meins aber die Idee ist gut und gerade jüngere fühlen sich dadurch eventuell angesprochen.

Nochmals Danke für Deinen Beitrag

Skinhead

Oi!

Du wirst Dich natürlich darauf einstellen müssen, Geduld zu brauchen. Es ist leider nicht mehr so wie früher, dass ein Verein als Teil des Soziallebens begriffen wird, sondern oft nur noch als Dienstleister. Mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel rausholen ist mittlerweile verbreitete Unsitte. Es bringen sich immer die gleichen wenigen Leute ein, der Rest konsumiert das Angebot lediglich und mault hinterher rum was man hätte besser machen können.

Heißt wenn Du irgendwas aufziehst, darfst Du nicht davon ausgehen, dass es sofort ein einschlagender Erfolg wird. Erstmal müssen die Leute den Finger aus dem Arsch kriegen irgendwelche Angebote überhaupt anzunehmen. Ich kann aber aus unserem Verein berichten, dass es langsam Früchte trägt.

Was neumodischen Kram angeht wie bloggen und ständig aktuelle Internetpräsenz, da bin ich auch raus. Davon hab ich weder Ahnung noch sehe ich, dass das was bringt.

Zusammenfassend kotzt mich das Problem auch ziemlich an. Das betrifft aber nicht nur Kleingartenvereine sondern entspricht dem egoistischen Zeitgeist und ist in so gut wie allen Lebensbereichen zu finden. Mal was für andere machen ohne direkte Gegenleistung findet man heute kaum noch.

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