- Gartengenuss
Keimsprossen selbst ziehen
Vitamine von der Fensterbank
Foto: Bruno Nebelung/Kiepenkerl
Nur weil der Garten im Winterschlaf ruht, brauchen wir Gartenfreunde nicht auf den selbst angebauten Vitaminnachschub zu verzichten. Mit einfachen Mitteln und wenig Aufwand können wir auf der Fensterbank Samen unterschiedlicher Arten zum Keimen bringen und die daraus entstehenden Keimlinge, Sprossen bzw. Grünlinge nach wenigen Tagen ernten und genießen.
Als Keimling wird das gesamte junge Pflänzchen, inklusive Samen und Wurzeln, bezeichnet. Sprossen sind dagegen strenggenommen nur die oberirdischen Teile des Keimlings, also Stängel und die späteren Blätter. Allerdings werden sie so jung geerntet, dass sich noch gar keine richtigen Wurzeln gebildet haben. Beim Grünling bzw. Grünkraut werden nur die oberirdischen Pflanzenteile abgeschnitten und verwertet.
Wertvolle „Sprossen“
Egal in welcher „Wuchsform“ Sie die Pflänzchen ernten, bei allen entstehen im Samen durch den Keimvorgang zusätzliche Eiweiße und Vitamine. In den kleinen Jungpflanzen sind Inhaltsstoffe, die in den Samen nicht vorhanden sind. Beispielsweise ist der Vitamin-C-Gehalt 34-mal höher als im Samen, und auch der Gehalt an Vitamin B steigt, ebenso wie die sekundären Pflanzenstoffe. Sprossen sind also echte Kraftbomben und dazu noch sehr schmackhaft.
Geeignete Arten
Zum Anbau eignen sich nicht alle Samen. Nachtschattengewächse, wie z.B. Tomate oder Aubergine, haben giftige Samen und bilden auch giftige Pflanzenteile aus! Am bekanntesten sind sicherlich Kresse, Radieschensprossen oder Weizenkeimlinge, aber auch folgende Arten sind besonders empfehlenswert:
Foto: dima_pics/Fotolia
Kichererbse
Einweichdauer: 12–18 Stunden
Keimdauer: 3–4 Tage
Geschmack: nussig
Roh verwendbar: nein, 10–15 Minuten blanchieren
Kichererbsen-Keimlinge enthalten besonders viele Proteine und Kohlenhydrate, was sie sehr nahrhaft macht. Außerdem enthalten sie viele Vitamine, die in ungekeimten Kichererbsen nicht vorhanden sind.
Rauke/Rucola
Kein Einweichen nötig
Keimdauer: 3–6 Tage
Geschmack: leicht scharf
Roh verwendbar: ja
Durch das spezielle Aroma ist sie beliebter Bestandteil von Salaten. Sie ist schnell erntereif und kann auch als Grünkraut verwendet werden. Mit ihren speziellen Inhaltsstoffen soll Rucola positiv auf den Stoffwechsel wirken.
Alfalfa/Luzerne
Kein Einweichen nötig
Keimdauer: 7–8 Tage
Geschmack: leicht nussig
Roh verwendbar: ja
Die Zunahme des Volumens ist beeindruckend, aus einem Löffel Samen wird ein ganzer Berg frischer Sprossen. Sie sind sehr fein und schmecken zart und knackig frisch. Genau das Richtige für den Salat oder auf Brot. Die Dauer der Kultur darf sieben Tage nicht unterschreiten, damit sich die Phytinsäure ausreichend abbauen kann, denn sie bindet sonst im Verdauungstrakt wichtige Nährstoffe.
Linse
Einweichdauer: 12 Stunden
Keimdauer: 3–4 Tage
Geschmack: nussig
Roh verwendbar: ja
Durch den hohen Samenanteil enthalten Linsensprossen viele Proteine und sind dadurch besonders nahrhaft. Sie sollten die Sprossen essen, bevor sich die kleinen Blätter entwickeln.
Mungobohne
Einweichdauer: 12–15 Stunden
Keimdauer: 4–6 Tage
Geschmack: würzig
Roh verwendbar: ja
Beliebter Bestandteil vieler asiatischer Gerichte. Werden häufig auch als Sojasprossen gehandelt. Im Aussehen sind diese zwar unterschiedlich, aber doch eng verwandt. Spülen Sie die Mungobohnen dreimal täglich mit lauwarmen Wasser, das beschleunigt ihr Wachstum. Die Sprossen sollten Sie nicht zu früh ernten, da sich sonst das schädliche Phasin (giftiges Protein der Hülsenfrüchte) noch nicht genügend abgebaut hat.
Anbaumethoden
Grundsätzlich sollte die Temperatur bei allen Anbaumethoden zwischen 18 und 22 °C betragen sowie ausreichend Luft und Licht vorhanden sein. Je wärmer es ist, desto schneller die Keimung. Zu warm darf es aber auch nicht sein, sonst können die Sprossen schimmeln oder faulen und schädliche Keime und Bakterien entstehen. Daher ist der Anbau auf der Fensterbank im Winterhalbjahr optimal. Ist es aber zu kalt, keimen die Samen evtl. nicht richtig und entwickeln sich nur langsam.
Wenn Sie Arten mit großen Samen und dicker Samenschale verwenden, müssen Sie diese zunächst im Wasser vorquellen lassen. So sollten Kichererbsen, Mungobohnen und Linsen mehrere Stunden einweichen. Alfalfa, Rauke, Kresse oder Weizen hingegen können direkt eingebracht werden. Vor dem Verzehr sollten Sie die Sprossen auf jeden Fall waschen!
Grundsätzlich lassen sich zwei Methoden unterscheiden.
Sprossenturm: die passende Anbaumethode für kleine Samen und mehrere Sorten auf einmal.
Sprossenglas: hat einen Siebdeckel und eignet sich für größere Mengen. Die kostengünstigere Alternative ist ein Gurkenglas mit durchlöchertem Deckel oder mit einer feinmaschigen Gaze als Abdeckung.
Fotos: Thomas Kleinworth
Der Anbau im Sprossenturm ist sehr einfach. Das Wasser wird in die oberste der Schalen gegossen und staut sich kurz. Über eine kleine Öffnung läuft es in die darunter liegende Schale und dann in die nächste. Die unterste Schale hat kein Loch, hier sammelt sich das überschüssige Wasser und wird abgegossen. Dadurch werden nacheinander alle Schalen gewässert, und das in einem Arbeitsgang. In den Schalen des Sprossenturms entwickelt sich durch das Wachstum eigene Wärme. Das ist bei kühler Zimmertemperatur sehr praktisch, da sie das weitere Wachstum fördert.
Das Sprossenglas, egal ob nun gekauft oder selbst gemacht, ist etwas arbeitsintensiver. Dreimal am Tag müssen die Sprossen gespült und gewendet werden. Mit der einzufüllenden Menge der Samen müssen Sie vorsichtig sein. Durch das Quellen und durch den Keimvorgang verdreifacht sich das Volumen.
Sprossenturm
Foto: Thomas Kleinworth
Foto: Thomas Kleinworth
Foto: Thomas Kleinworth
Foto: Thomas Kleinworth
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Thomas Kleinworth
Geschäftsführer und Fachberater
des Landesverbandes Schleswig-Holstein der Gartenfreunde