- Gartengestaltung
Einen Bonsai selbst ziehen
Foto: Bastian Busch/Bonsai Werkstatt Düsseldorf Bäume genießen weltweit in allen Kulturen hohes Ansehen und großen Respekt. So werden ihnen zahlreiche mythologische und symbolische Rollen in Sagen und Erzählungen zugesprochen. Viele Menschen fühlen sich zu ihnen hingezogen und hegen oft eine besondere Beziehung zu einer bestimmten Baumart.
Bonsai gibt uns die Möglichkeit, zu einem Baum eine besondere Nähe aufzubauen, und da er genauso alt werden kann wie die verwendete Baumart, wird er in der Regel älter als sein Pfleger. In vielen Fällen wird er zum Wegbegleiter durchs Leben. Danach kann er als Gruß an die nächste Generation für die neuen Besitzer die Erinnerung an einen lieb gewonnenen Menschen wachhalten.
Obwohl die Bonsai-Kultur ihren Ursprung in China hat, etwa im 10. Jahrhundert finden Bonsai dort erste Erwähnungen in Zeichnungen und Schriften, wird sie in Europa eher mit Japan in Verbindung gebracht. Mit ihren zur Weltausstellung in Paris 1878 nach Europa mitgebrachten Minibäumen erregten die Japaner zum ersten Mal großes Aufsehen mit Bonsai in der westlichen Welt.
Wie von der Natur geformt
„Bonsai sind grünende Treppen, die zum Himmel führen“, heißt es in China. In Japan ist der Bonsai ein Familienmitglied, dessen Wachsen und Werden von Generation zu Generation überliefert wird, eine Art lebendiger Stammbaum. Schlussendlich ist Bonsai-Gestaltung aber nichts anderes als die Nachahmung der Natur, wie sie die Bäume durch Eis, Blitz, Sturm, Hagel- und Steinschlag, Trockenheit sowie Tierverbiss formt und der Standort die Erscheinung des Baumes bestimmt.
Dabei geht es einem Baum in der Natur oft wesentlich schlechter als einem Bonsai; vielfach erreichen die Bäume als Bonsai gepflegt ein höheres Alter, als sie es in der freien Natur erlangen würden. Der Bonsai erhält von seinem wissenden Pfleger einen für ihn günstigen Standort, die beste Nährstoffversorgung, reichlich Wassergaben, er wird vor Schädlingen geschützt, und falls er doch einmal krank werden sollte, so wird er umsorgt und gesund gepflegt.
Die passende Gestalt
Ein Bonsai soll im Idealfall wie ein alter Baum aussehen. Die Grundprinzipien haben sich aus der menschlichen Wahrnehmung auf die Natur entwickelt und sich über die Jahrhunderte hinweg bei uns Menschen im Unterbewusstsein verankert. Schon jedes Kind kann einen alten Baum an dessen lichter Krone und herabhängenden, knorrigen Ästen von einem jungen Baum mit dessen jugendlichem Höhenwachstum unterscheiden.
Die meisten Bäume erkennt man schon von Weitem an ihrer für sie typischen Gestalt und Form. So hat eine Fichte in der Regel einen geraden Stamm, an dem nach allen Seiten gleichmäßig die Äste angeordnet sind; die Form der Äste ist leicht abwärts geneigt mit einer steil aufstrebenden Spitze. Eine Eiche im freien Feld hat zwar auch einen geraden Stamm, ihre Äste bilden jedoch in der Krone eine fächerartige Silhouette.
Bearbeiten und genießen
Den Gärtner reizt es, eine Pflanze zu pflegen, ihren Wuchs zu beobachten und die Entwicklung Foto: Bastian Busch/Bonsai Werkstatt Düsseldorf des Baumes im Wechsel der Jahreszeiten zu genießen. Der Sammler findet hier die Möglichkeit, eine Kollektion zahlreicher Baumarten zusammenzustellen.
Dem Handwerker bereitet es Vergnügen, das Holz ausgewählter Äste und Stammteile so zu bearbeiten, als wären sie von der Natur geformt. Der Spekulant hat Spaß daran zu beobachten, wie sich mit dem Baum auch dessen Wert entwickelt, und der Künstler verfolgt das Ziel, über die Ausstrahlung des Bonsai die Seele des Betrachters zu berühren.
„Wer sich dem Thema Bonsai widmen möchte, kann dies auf jedem Niveau tun. Wer aber ein guter Bonsai-Gestalter werden will, muss möglichst Gärtner, Handwerker und Künstler in sich vereinen“ (alte japanische Bonsai-Weisheit).
Bonsai bietet die seltene Möglichkeit, zu einem Baum, zu dem man sonst nur respektvoll in einigem Abstand aufblicken kann, eine besondere Nähe zu entwickeln. Durch die tägliche Beschäftigung mit der Pflanze entwickelt man ein Gespür dafür, welche Bedürfnisse sie hat und über welche Fähigkeiten sie verfügt.
Foto (l.): BONSAI ART/Bonsai & News
Ein Apfel für den Anfang
Welcher Baum eignet sich am besten für den Anfänger? Natürlich der Apfelbaum! Die robusten Apfel-Bonsai sind auch von Anfängern leicht zu pflegen und blühen sehr schön im Frühjahr, gefallen durch ansprechendes Laub im Sommer und tragen im Spätsommer sehr dekorative Früchte. Um glaubwürdige Proportionen zwischen der Größe des Bonsai und der seiner Früchte zu erzielen, sollten Sie Zier-Äpfel mit kleinen Früchten, wie z.B. ‘Brouwers Beauty’, ‘David’, ‘Red Jewel’ oder ‘Street Parade’ bevorzugen.
Doch auch andere heimische Laubgehölze wie Weißdorn, Hainbuche oder Feld-Ahorn sind für erste Versuche, einen Bonsai zu gestalten, gut geeignet. Unter den Nadelbäumen sind z.B. Wacholder, Eibe, Lärche oder Wald-Kiefer eine gute Wahl.
Dr. Achim R. Strecker
BONSAI ART
Schritt für Schritt zum eigenen Bonsai
Fachliteratur:
Busch, Werner; Strecker, Achim: „Bonsai – Gestalten mit heimischen Gehölzen“. Ein Praxishandbuch für Anfänger und Fortgeschrittene. 472 Seiten. Über 1000 farbige Abbildungen, 1 Tabelle. Preis: 39,95 Euro. Quelle & Meyer, Wiebelsheim. ISBN 978-3-494-01729-7.
Somm, Joseph: „Bonsai – Krankheiten vorbeugen, erkennen und behandeln“. Überarbeitete Neuauflage des Standardwerks. 228 Seiten. Durchweg farbig. Preis: 34,95 Euro. Edition BONSAI ART.
Fachzeitschrift BONSAI ART www.bonsai-art.com, Umfangreiches Angebot an Fachliteratur, viele Infos zum Thema Bonsai.
Weitere Infos und Seminare:
Bonsai-Werkstatt
www.bonsaiwerkstatt.de
Bonsai-Museum Düsseldorf
www.bonsai-museum.de