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Einen ökologischen Rasen gestalten

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Öko-RasenFoto: dmf87/Adobe Stock

Rasenflächen sind für uns Aufenthaltsorte: Wir betreten sie regelmäßig, spielen, sitzen und liegen darauf. Damit wir das tun können, muss die Pflanzendecke kurz gehalten werden und belastbar sein. Immer wieder wird der Zuwachs abgeschnitten, und das, was dann noch übrig ist, muss damit zurechtkommen, dass wir ständig darauf herumlaufen. Wenn man sich das vor Augen führt, ist es doch sehr beeindruckend, dass es überhaupt Pflanzen gibt, die das mitmachen.

Rasenmäher veränderte alles

1830 wurde von dem englischen Ingenieur Edwin Beard Budding der Rasenmäher patentiert. Vor dieser Erfindung war es dem Menschen nur mit einer Sense möglich, Vegetation flächig und bodennah abzuschneiden. Doch auch die Sense wurde erst in der Eisenzeit entwickelt, also maximal 3000 Jahre vor der Erfindung des Rasenmähers.

Einfach mal wachsen lassen!Foto: FotoHelin/Adobe Stock

Die Evolution braucht mitunter eine Million Jahre, um eine neue Pflanzenart zu bilden. Woher stammen also unsere Rasenpflanzen? Ganz einfach: Die großen Weidetiere pflegen sie seit Millionen von Jahren. Tonnenschwere Giganten hielten die Landschaft frei von Wald und halfen den sonnenhungrigen Arten zu bestehen. Unter ihren Hufen mussten diese Pflanzen überleben, ihre Zähne, Lippen und Rüssel bissen und rissen an ihnen und ließen nur das zurück, was zu dicht am Boden war oder aus anderen Gründen verschmäht blieb.

Uralte Gesellschaften

Rasenflächen sind also uralte Pflanzengesellschaften und nicht menschlichen Ursprungs. Sie entstammen und prägen das Bild einer beweideten Landschaft. Eine intakte Weidelandschaft wiederum entspricht dem Landschaftstyp offener und halboffener Flächen. Hier gibt es große Bäume, viele Sträucher, aber eben auch weite Flächen mit niedriger, krautiger Vegetation.

WeidelandschaftFoto: Ulrike Aufderheide

Diese Landschaften wimmeln nur so vor Arten, und das Verschwinden dieser Lebensräume trägt maßgeblich zum Artenrückgang bei. Die Tatsache, dass wir eine Pflanzenfläche im Garten pflegen, die wir regelmäßig abschneiden und auf der wir uns aufhalten, kann also eigentlich kein Hindernis für ihre ökologische Wertigkeit darstellen.

Rasenflächen verarmen

Warum sind dann so viele Rasenflächen eher artenarm und ökologisch uninteressant? Man könnte sagen, die Schuld trägt Herr Budding. Denn seit seiner Erfindung haben sich Rasenflächen grundlegend verändert.

Der Grund: eine Gleichbehandlung aller Pflanzen (Gräser, Wildkräuter usw.), die hier wachsen. Es wird alles auf eine Höhe getrimmt, und das meistens auf der gesamten Fläche innerhalb sehr kurzer Zeit.

Diese Pflege begünstigt viele Gräser, da diese nach dem Schnitt direkt weiterwachsen können, teils sogar einen Wachstumsschub erfahren. Kräuter hingegen müssen immer einen neuen Austrieb aus ihren Vegetationsknospen starten. Das macht sie langsamer im Kampf um das begehrte Sonnenlicht.

Auch Tiere, die hier doch noch leben, haben keine Rückzugsorte und werden, wenn sie die Mähmesser überleben, mit dem Schnittgut kompostiert.

Die Rasenindustrie

Der Rasenmäher war aber nur der Beginn einer ganzen Rasenindustrie. Zeitgleich wurde die Saatgutproduktion von Rasengräsern vorangetrieben, und gegen 1885 kam der US-amerikanische Landwirt Luther James Bradford Olcott zu der Erkenntnis, dass sich einige Gräserarten besonders gut für die Züchtung eignen.

Bis heute hat sich die Grundlage an Ra­sengräsern nicht verändert: Agrostis (Straußgräser), Festuca (Schwingelgräser), Poa (Rispengräser) und Lolium (Lolch) finden sich in fast allen Mischungen. Doch von den ursprünglichen Wildarten ist kaum etwas übrig geblieben. Wüchsige Sorten wurden durch Züchtung kreiert und sind heute in den Regelsaatgutmischungen (RSM) enthalten.

Die Rasenflächen der Gärten wurden so immer einheitlicher, und egal, welchen Stand man in der Gesellschaft hatte, viele Menschen konnten sich eine Rasenfläche leisten. Womit hob man sich also noch ab? So wurde es zum Ziel, nur noch Gräser in der Rasenfläche zu haben. Denn um die letzten hartnäckig verbliebenen Kräuter und Moose zu verbannen, musste ein unverhältnismäßiger Aufwand betrieben werden. Durch Düngen, Kalken, Wässern, Vertikutieren, Aerifizieren, Einsanden, Säen, Walzen, Jäten und Vergiften unerwünschter Lebewesen wurde der „Monokultur-Ra-sen“ zum Statussymbol. Den Höhepunkt erreichte diese Kulturform in England, weshalb bis heute der Begriff „Englischer Rasen“ für viele als „der perfekte“ Rasen verstanden wird.

Pflegekonzept verändern

Blumenkräuter-Rasen auf TeilflächenFoto: Joschka Meyer Wenn Sie nur auf Teilflächen einen Blumenkräuter-Rasen anlegen, haben Sie schon viel für die Artenvielfalt getan. Ein ganz schöner Aufwand, und das für eine Fläche, die meines Erachtens abseits des Sportplatzbaus gar keine Daseinsberechtigung hat! Abgesehen davon, dass sie uns viel abverlangt, ist ihr ökologischer Wert verschwindend gering. Häufig ist er sogar gegenteilig, denn je nachdem, welche Produkte für die Pflege verwendet werden, können ökologische Schäden entstehen.

Was können Sie also tun, wenn Sie Ih­ren Rasen ökologischer machen möch­ten? Für den Anfang reicht es meist schon, wenn Sie das Düngen und Wässern einstellen. Wildkräuter im Rasen bleiben grün und blühen sogar noch, wenn Trockenheit und Nährstoffmangel die Gräser in die Schranken weisen.

Das Mähen behalten Sie bei, denn es soll ja ein Rasen mit Aufenthaltsmöglichkeit bleiben. Die Abstände zwischen den Mähintervallen können jedoch vergrößert werden, denn wenn nicht mehr gedüngt und bewässert wird, verlangsamt sich das Wachstum. Alle drei Wochen reicht häufig. Auf mageren Flächen ist sogar ein Sechs-Wochen-Rhyt­hmus möglich. Als Faustregel gilt: Mähen Sie nach Bedarf, doch sobald die Pflanzen ca. 20 cm Höhe erreicht haben, sollten Sie mähen, denn es ist ja keine Wiese.

Das Mähgut muss weiterhin entfernt werden. Sogenanntes Mulchmähen, bei dem der feingehackte Schnitt auf der Fläche bleibt, klingt zwar sinnvoll, ist es für die Artenvielfalt jedoch nicht.

Lassen Sie beim Mähen zudem Teilbereiche, Inseln oder Randstreifen stehen, die nur jedes zweite oder dritte Mal unters Messer kommen. So haben Sie ohne viel Aufwand viel Positives getan.

Haben Sie am Rasenmäher die Höhe des Mähwerkes schon mal verstellt? Probieren Sie es aus und nutzen Sie unterschiedliche Höheneinstellungen, so werden unterschiedliche Arten begünstigt.

Artenvielfalt durch Erneuerung

Da leider viele Rasenflächen bereits verarmt sind aufgrund „falscher“ Gräser und Pflege, schaffen Sie den „Großen Sprung“ nur durch Erneuerung. Denn die „Supergräser“ sind einfach zu dominant und geben Wildkräutern keinen Platz zur Keimung. Gelingt es doch, werden die zarten Keimlinge umgehend unterdrückt.

Für einen artenreichen Blumenkräuter-Rasen muss dann die alte Grasnarbe massiv gestört oder besser noch entfernt werden. Für richtig gute Erfolge lohnt es sich sogar, die Fläche zusätzlich zu fräsen bzw. umzugraben. Sammeln Sie dabei auch Wurzelreste heraus. Je gründlicher Sie die unerwünschten Gräser beseitigen, desto schöner wird die neue Fläche am Ende.

Frühblüher setzenFoto: Michael/Adobe Stock

Frühblüher setzen

Eine einfache Methode ist es, Frühblüher zu setzen, die vor dem ersten Mähen verblühen. Krokusse, Winterlinge und Blaustern funktionieren fast immer und sind einen Versuch wert. Sobald sie sich komplett zurückgezogen haben, steht auch die erste Mahd des Jahres an, das ist im Regelfall Anfang April.

 

Um später unerwartetes Absacken zu vermeiden, lassen Sie die aufgelockerte Erde ca. zwei Wochen ruhen. Sollten in der Zeit Keimlinge entstehen, beseitigen Sie diese Konkurrenz noch einmal. Nun noch etwas mageres Substrat, wie unkrautfreien Unterboden, oder etwas Sand aufbringen, das verschafft dem anschließend ausgebrachten Saatgut einen weiteren Vorteil. Schon 2 bis 3 cm reichen, damit die Samenmischung besser auflaufen kann.

Mit mehr Struktur auf der Fläche erhöhen Sie zudem ein artenreiches Entwicklungspotenzial. Also modellieren Sie die Fläche etwas, wenn Sie mit der Harke zugange sind. Bereits leichte Senken und Erhebungen begünstigen unterschiedliche Arten.

Saatgut entscheidet

Und zu guter Letzt, kein Kompromiss beim Saatgut! Verwenden Sie hochwertige Blumenkräuter-Rasenmischungen. Diese enthalten zwar auch Gräser, doch dann die Wildformen. Sie sind weniger dominant und zusätzlich oft deutlich trockenstressverträglicher als die Kulturformen. Zur Keimung und Etablierung benötigt aber auch diese Fläche Feuchtigkeit, weshalb vom Herbst bis zum zeitigen Frühjahr naturgemäß bei uns die besten Voraussetzungen für die Einsaat besteht. Sind die Pflanzen einmal angewachsen, braucht diese Fläche aber keine Bewässerung mehr!

Wer einen artenreichen (Blumenkräuter-)Rasen pflegt, kann also stolz auf sich sein, denn damit gewinnt der Garten an Struktur- und Artenvielfalt.

Joschka Meyer
Fachberater des Landesbundes
der Gartenfreunde in Hamburg

 

Buchtipp „Die Rasen- Revolution“ Buchtipp zum Thema

Aufderheide, Ulrike: „Die Rasen-Revolution“.
176 Seiten. 24,90 Euro. Pala-Verlag.
ISBN 978-3-89566-433-5.

 

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