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Verjüngungsschnitt für alte Obstbäume

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Verjüngungsschnitt an ObstbäumenFoto: ueuaphoto/Adobe StockBäume sind auch nur Menschen! Ganz am Anfang sind sie klein und wollen nur wach­sen. Irgendwann denken sie dann an die Fortpflanzung und liefern uns viele Jahre leckere Früch­te. Später, im fortgeschrittenen Alter, wachsen sie nicht mehr, die Früchte sind klein und unansehnlich, die Bäume kränkeln und schwächeln. Und irgendwann, wenn die gattungs­typischen Jahre erreicht sind, wartet der Tod. Das ist beim Apfelhoch­stamm nach ca. 100 Jahren, beim Birnenhochstamm nach ca. 200 Jah­ren, schwach wach­sende Formen wer­den entsprechend weniger alt.

Was Bäume uns Menschen voraushaben: Sie können verjüngt werden! Und beim Kernobst, also bei Apfel, Birne und Co., geht das besonders gut.

Der Verjüngungsschnitt ist bei alten Bäumen, die kaum noch neuen Austrieb zeigen und mit Größe und Qualität ihrer Früchte nicht mehr überzeugen, sinnvoll. Ziel der Arbeit ist es, den Baum durch einen kräftigen Rückschnitt zu neuem Triebwachstum anzuregen. Aus dem Neuaustrieb kann sich dann junges, gesundes Frucht­holz entwickeln, und Sie können wieder zufriedenstellende Früchte ernten.

Damit sich die Maßnahme lohnt, ist eine gewisse Grundgesundheit der Bäume Voraussetzung. Wenn schwerwiegende Krankheiten (Obstbaumkrebs) oder Parasiten (holzzersetzende Pilze) vorhanden sind, sollten Sie besser gleich an eine Neupflanzung denken, vorzugsweise von robusteren Sorten an einem besseren Standort.

Pyramidenform beim ObstbaumGrafik: Faltermayr Ideal ist es, durch den Verjüngungsschnitt eine Pyramidenform zu erzielen: Die Stammverlängerung bildet den höchsten Punkt, und drei bis fünf Leitäste verteilen sich in verschiedenen Höhen um den Stamm herum. Bei einer Obstbaumverjüngung fällt immer viel Schnittgut an, daher ist es sinnvoll, genügend Platz zum Ablegen einzuplanen. Später können Sie mit dem Schnittgut dann z.B. einen Holzhaufen als Kleinbiotop anlegen oder es häckseln und als Mulchmaterial verwenden.

Nach dem Verjüngungsschnitt sollte die Baumkrone die Form einer Pyramide haben – so kommen viel Licht und Luft an alle Kronenbereiche (siehe Abb. 1). Gleichzeitig werden durch diese Baumform die Leitäste im Sommer schattiert, und ihre Rinde ist so vor starker Sonneneinstrahlung geschützt.

Der richtige Zeitpunkt

Sie sollten Verjüngungsschnitte unbedingt im Zeit­raum von Januar bis März durchführen. Von allen infrage kommen­den Schnittzeitpunkten wird in diesem Zeitraum der Neuaustrieb am stärksten gefördert – und genau das wollen wir ja!

In dieser Zeit ist auch sonst nicht viel zu tun im Garten, und der nötige Platz zum Ablegen des Schnittguts steht zur Verfügung. Da zu dieser Zeit keine Vögel brüten, ist auch der Vogelschutz gewährleistet, sodass auch aus Sicht des Naturschutzes nichts gegen einen stärkeren Schnitteingriff spricht.

Ideal für den Verjüngungsschnitt ist ein heller, trockener und frostfreier Tag. Generell sollten Sie nicht bei unter –4 °C schneiden. Gartenfreunde, die nach dem Mond gärtnern, sollten auf abnehmenden Mond achten.

Obstbäume richtig pflegenFoto: S. Lemyre/Adobe Stock

 

Rückschnitt mit der HandschereFoto: Flora Press/Redeleit&Junker/O.SzczepaniakLos geht’s!

Aber bitte keinen unkontrollierten Aktivismus! Bevor Sie die Leiter anstellen und die Säge ansetzen, sollten Sie Ihren Baum erst einmal kennenlernen – sich also genügend Zeit nehmen und den Baum aus respekt­vollem Abstand (mit dem Ziel der Pyramide vor Augen) betrachten.

Wie viele Leitäste hat er, können Sie einen oder gleich mehrere komplett entfernen? Gibt es einen gesunden Mittel­ast (Stammverlängerung)? Beim Verjüngungsschnitt wird die Krone um ca. ein Drittel eingekürzt. In welcher Höhe ist das in etwa? Wo enden dort passende Seitenäste, auf die Sie ableiten könnten? Gibt es krankes Holz? Welche gesunden Hauptäste können das Grundgerüst der Pyramide bilden?

Wenn diese Fragen geklärt sind, können Sie loslegen. Zuerst führen Sie den klassischen Auslichtungsschnitt durch: Im gesamten Kronenbereich entfernen Sie mit der Baumsäge alle größeren Äste, die krank sind, sich reiben oder zu eng stehen, genauso wie die parallel oder nach innen wachsenden oder sich überkreuzenden Äste auf Astring. Achten Sie darauf, dass die verbleibenden Leitäste (drei bis fünf) in unterschiedlicher Höhe ringsherum aus dem Stamm wachsen.

Nach diesen ersten Arbeiten haben Sie schon mal Licht im Baum und sehen jetzt viel deutlicher, welche Schnitte sich für die Verjüngung anbieten. Dazu kürzen Sie den Mittelast und die verbliebenen Leitäste um etwa ein Drittel Alte Fruchtfahnen entfernenGrafik: Faltermayr Bei der Rotation des Fruchtholzes entfernen Sie die alten Fruchtfahnen komplett. ein und leiten Sie wenn möglich auf günstig stehende Seitenäste ab.

Beachten Sie dabei, dass alle Leitäste etwa in einer Höhe enden – die sog. Saftwaage – und dass das Ende der Stammverlängerung den höchsten Punkt bildet (siehe Abb. 1). Idealerweise erhalten wir einen spitzen Winkel von 120°. Bei stark wachsenden Sorten können Sie die Leitäs­te auch weniger einkürzen, bei schwach wachsenden Sorten entsprechend mehr.

Anschließend kürzen Sie die Nebenzweige ein und lichten das verbliebene alte Fruchtholz aus. Durch seine knorri­ge, dicht verzweigte Form ist es gut zu er­kennen. Die knorrige Optik entsteht über viele Jahre, wenn an den Triebspitzen kein Neuwuchs mehr stattfindet, sondern nur noch Blütenknospen gebil­det werden. Die Folge sind immer mehr Früchte pro Ast, die aber in ihrer Größe und Qualität zu wünschen übrig lassen.

Fruchtholzbereiche richtig lichtenGrafik: Faltermayr So lichten Sie kleinere Fruchtholzbereiche aus. Die Fruchtlast zieht die Äste nach unten, und es entstehen die typisch gebogenen Fruchtäste. An deren Oberseite kommt es am Scheitelpunkt oft zu Neutrieben, aus denen in den folgenden Jahren neues Fruchtholz entsteht – das sich dann auch wieder bei hoher Fruchtlast nach unten neigt. Diesen sich ständig wiederholenden Prozess nennt man „Rotation des Fruchtholzes“.

Im ersten Schritt der Fruchtholzverjüngung entfernen Sie bei allen Frucht­ästen die alten Fruchtholz-„Fahnen“ kom­plett durch Ableiten auf das höher liegende, jüngere Fruchtholz (siehe Abb. 2). Abschließend werden noch vorhandene alte Fruchtholzbereiche an den Leitästen und der Stammverlängerung ausgelichtet (siehe Abb. 3).

Guter Schnitt braucht Zeit

Während der gesamten Schnittmaßnahme sollten Sie einige Male die Leiter ver­lassen und die Krone aus einigem Abstand immer wieder neu betrachten. Aus der Entfernung erkennt man vieles besser und gewinnt eher Klarheit über die nächsten Schnitte.

RückschnittFoto: ueuaphoto/Adobe StockEbenso müssen Sie nicht alle Arbeiten an einem Tag durchführen. Das ist besser für die Konzentration und die Einteilung der Kraft, insbesondere bei größeren Bäumen. So können Sie den Baum am ersten Tag auslichten, am nächsten Tag die Hauptäste einkürzen und abschließend an einem Tag den Fruchtholzschnitt durchführen.

Nachbehandlung ist wichtig

Jeder Verjüngungsschnitt bedeutet einen starken Eingriff in das Gleichgewicht des Baumes. Während die Wurzel noch dieselbe ist, wird der oberirdische Teil des Baumes stark dezimiert. Das führt wunschgemäß zu einem starken Neutrieb im kommenden Frühjahr.

Die genaue Stärke des Neutriebes ist von vielen Faktoren abhängig und nur schwer vorhersehbar. Wenn der Baum zu stark reagiert, müssen Sie nacharbeiten. Oft entstehen sog. Besen, bestehend aus vielen Wasserschossen.

Am besten vereinzeln Sie diese Neutriebe gleich im Juni, wenn sie noch grün sind. So geht die verbleibende Kraft des Baumes nur in jene Triebe, die zu neuem Fruchtholz aufgebaut werden sollen. Beim Vereinzeln reißen Sie komplette Neutriebe einfach aus. Die Risswunden verheilen schnell und gut.

Stehen bleiben sollten große bis mittelgroße Triebe, die sich auch leicht zur Seite neigen. Das fördert die schnelle Blütenbildung. Zu dicht stehende und sehr große, steil aufrecht wachsende Neutriebe sollten Sie entfernen.

Apfelbaum vor und nach dem BeschnittFotos: Krüger Ein Apfelbaum ‘Martens Sämling’ vor und nach dem Verjüngungsschnitt: Da es sich um eine starkwüchsige Sorte handelt, wurden die Leitäste kaum eingekürzt, aber stark ausgelichtet.

Eine Ausnahme bilden die Neutriebe, welche direkt an größeren Schnittstellen entstanden sind. Vereinzeln Sie diese bitte erst nach zwei bis drei Jahren – bis dahin sorgen die Triebe für eine schnellere Verheilung des äußeren Bereiches der Schnittwunde.

Jörg Krüger
Ingenieur für Pflanzenzüchtung, 
Fachberater des Landesverbandes Sachsen
der Kleingärtner

 

Die richtige Schnitttechnik

Beim Entfernen von Ästen (ganz oder teilweise) haben wir immer drei Möglichkeiten:

Schnitt auf AuslageGrafik: Faltermayr Schnitt auf Auslage. Beim „Schnitt auf Auslage“ kürzen Sie Äste in ihrer Gesamtlänge ein, indem Sie sie auf einen gesunden Seitenast ableiten. Das heißt, der Hauptast wird direkt hinter dem Abzweig des Seitenastes leicht schräg abgesägt. Bei einem bündigen Schnitt bilden sich hier nur einzelne oder keine Neutriebe.

Mit einem „Schnitt auf Zapfen“ kürzen Sie Äste in ihrer Gesamtlänge ein, wenn Sie keinen idealen Seitenast zum Ableiten finden. Dazu kappen Sie den Ast einfach in der gewünschten Höhe. Dieser Schnitt hat viele Neutriebe zur Folge, die Sie – wie im Abschnitt „Nachbehandlung“ beschrieben – im Sommer vereinzeln sollten. Schnitt auf Zapfen bzw. AstringGrafik: Faltermayr Schnitt auf Zapfen bzw. Astring

Beim „Schnitt auf Astring“ entfernen Sie komplette Äste direkt am Stamm oder an einem Hauptast. Es bleibt nur der sogenannte Astring als Wulst stehen. Bei einem bündigen Schnitt bilden sich hier keine oder nur wenig Neutriebe. Bei Ästen über 8 cm Durchmesser lässt man noch 1 bis 2 cm über dem Astring stehen, dies vermeidet die Austrocknung bis ins gesunde Stammholz.

Starke Äste sollten Sie aufgrund ihres hohen Gewichts immer in mehreren Teilstücken entfernen, um ein Einreißen Schnitt bei stärkeren ÄstenGrafik: Faltermayr Schnitt starker Äste in drei Schritten. der Rinde („Ausschlitzen“) zu vermeiden. Dabei sägen Sie den Ast zuerst von unten an. Danach sä­gen Sie von oben, indem Sie die Schnittstelle etwas weiter außen setzen. Den verbleibenden Aststummel sägen Sie anschließend bündig und parallel zum Stamm bzw. der Abzweigungsstelle ab. Zuletzt glätten sie die Schnittränder bei größeren Ausfransungen mit einem scharfen Messer und tragen als Frostschutz nur am Rand Baumwachs oder anderes Wundverschlussmittel auf.

 

Rückschnitt mit der HandsägeFoto: mauritius images/Loop Images/
Kim Kirby/LOOP IMAGES
Bitte nichts riskieren!

Unfälle beim Obstbaumschnitt sind leider nicht selten. Daher ist in puncto Sicherheit auf einiges zu achten. Das Hantieren mit der Motorsäge auf der Leiter ist ein absolutes No-Go! Obstbaumpflege ist Handarbeit. Sorgen Sie immer dafür, dass die Leiter sicher und stabil steht – und achten Sie auch auf eine stabile Standposition für sich selbst. Dazu stehen Sie mit beiden Beinen auf der Leiter oder dem Baum und halten sich zusätzlich mit einer Hand fest. Nur eine Hand arbeitet! Während Sie im Baum arbeiten, sollten sich darunter keine Helfer aufhalten. Um Arbeitsfreiheit zu behalten, sollten Sie zwischendurch immer mal wieder das Schnittgut wegräumen.

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Für Gartenfachberater, Vereinsvorstände und alle, die es genauer wissen wollen: „Der Fachberater“ informiert Sie vier Mal im Jahr über gartenfachliche und verbandspolitische Themen des Klein­gar­ten­wesens. Die Ver­bands­zeit­schrift des Bun­des­ver­ban­des Deutscher Gartenfreunde widmet sich zudem Ausgabe für Ausgabe verschiedenen Schwer­punkt­the­men.

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