- Gartenpflege
Was ist Mykorrhiza?
Wann sich der Einsatz von Mykorrhiza-Präparaten im Garten lohnt
Foto: Bonsaischule Wenddorf
Alles Leben auf dieser Erde ist abhängig von unseren Böden, in denen alle höheren Pflanzen wachsen. Sie bilden die Lebensgrundlage von Mensch und Tier. Höhere Pflanzen sind in der Lage, aus Mineralien, Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht Kohlenhydrate aufzubauen, die für uns alle als Nahrung lebensnotwendig sind. Jede höhere Pflanze bildet ein umfassendes Wurzelwerk aus, das nicht nur der Verankerung im Boden, sondern auch der Wasser- und Nährstoffaufnahme dient. Und genau hier kommen Mykorrhiza-Pilze ins Spiel.
Nützliche Kooperation
Im Handel werden verschiedene Produkte mit Mykorrhiza-Pilzen angeboten – entweder pur oder kombiniert mit einem Dünger oder Substrat. Sind das nun die angepriesenen „Wundermittel“ für optimales Pflanzwachstum oder sind sie eigentlich entbehrlich? Um das zu beantworten, muss man sich erst einmal die Funktionsweise von Mykorrhiza ansehen.
Die Mykorrhiza ist sozusagen der verlängerte Arm der Wurzeln im Boden. Es handelt sich hier um eine Lebensgemeinschaft, die bestimmte Pilzarten mit den Pflanzenwurzeln eingehen. Daraus ziehen beide einen Vorteil, es ist also eine Gemeinschaft zu beiderseitigem Nutzen, eine Symbiose. Die Pilze liefern der Pflanze Nährsalze und Wasser und erhalten ihrerseits einen Teil der durch die Photosynthese der Pflanzen erzeugten Kohlenhydrate. Der Anteil der Nährstoffe, der von der Pflanze an den Pilz weitergegeben wird, kann dabei bis zu 20 % ihrer Gesamtproduktion betragen.
Zum optimalen Wachstum sind fast alle Landpflanzen auf spezifische Mykorrhiza-Pilze angewiesen. Unterschieden wird dabei zwischen Ektomykorrhiza und Endomykorrhiza. Bei der Ektomykorrhiza (ekto = außen) bilden die Pilze einen Mantel um die Wurzeln herum, während sie bei der Endomykorrhiza (endo = innen) in die Wurzelzellen hineinwachsen.
Netzwerke im Wald
Fotos: Simon Egli (WSL) Die Ektomykorrhiza ist in mitteleuropäischen Wäldern die am häufigsten vorkommende Wurzelsymbiose. So sind die meisten unserer Baumarten, wie Buchen, Eichen, Tannen, Fichten und Kiefern, mit diesen Pilzen vergesellschaftet.
Die Pilze selbst besitzen keine Wurzeln, sie verbreiten sich über fadenförmige Zellen, sogenannte Hyphen, im Boden. Das gesamte Geflecht aus Hyphen nennt sich Myzel. Während die einzelne Hyphe nur unter dem Mikroskop sichtbar wird, ist das Myzel oft schon mit bloßem Auge erkennbar.
Bei der Ektomykorrhiza bilden die Hyphen einen dichten Mantel um die jungen Wurzelenden der Pflanze. Diese schwellen keulenartig an und entwickeln keine Wurzelhaare mehr. Die Hyphen des Pilzes übernehmen deren Aufgabe. Sie reichen bis weit in den Boden und in die feinsten Poren hinein.
Das Pilzgeflecht bildet im Vergleich zur Pflanzenwurzel eine erheblich größere Oberfläche. Dadurch kann die Pflanze große Mengen an Mineralstoffen und Wasser aus dem Boden aufnehmen. Interessant ist auch, dass durch das Myzel ganze Wälder unterirdisch miteinander vernetzt sind und Nährstoffe untereinander austauschen können.
Jeder Pilzsammler ist auf die Tätigkeit von Mykorrhiza-Pilzen angewiesen. Ein gutes Beispiel ist der Steinpilz. Es gibt verschiedene Arten wie den Fichtensteinpilz und den Eichensteinpilz, die jeweils nur unter ihrem Wirtsbaum wachsen. Das unterirdisch wachsende Myzel ist sehr umfangreich und im Boden verborgen. Nur wenn der Pilz Fruchtkörper ausbildet, erscheint er an der Oberfläche, und wir können etwa Steinpilze ernten. Die Fruchtkörper sind aber nur ein sehr geringer Teil des gesamten Pilzes, sozusagen die „Spitze des Eisbergs“.
Helfer im Untergrund
Foto: Simon Egli (WSL) Im Gegensatz zu der Ektomykorrhiza dringt bei den Endomykorrhiza-Pilzen ein Teil der Hyphen in die Zellen der Wurzelrinde der Pflanze ein. Fast 90 % aller Pflanzenarten sind mit einem Endomykorrhiza-Pilz vergesellschaftet.
Hierzu gehört zum einen die Orchideen-Mykorrhiza, die für die Keimung der winzigen Samen unerlässlich ist. Die zweite Gruppe ist die Ericaceen-Mykorrhiza, die mit Vertretern der Heidekrautgewächse wie Rhododendron vergesellschaftet ist.
Die dritte und wichtigste Gruppe bildet die sogenannte Arbuskuläre Mykorrhiza, kurz AM genannt. Sie ist die am häufigsten in der Natur anzutreffende Mykorrhiza-Gruppe. Typisch für sie ist die Bildung von Arbuskeln – das sind verzweigte, zarte Hyphen in Bäumchenform – innerhalb der Wurzelzellen.
Mehr als 200.000 Pflanzenarten gehen mit den AM-Pilzen eine Symbiose ein. Darunter ist auch der Großteil unserer wichtigsten Nutzpflanzen wie Kartoffel, Getreide, Mais und Sonnenblumen, aber auch die meisten Gemüse, Kräuter und Obstarten.
Kleine Pilze – große Wirkung
Mykorrhiza-Pilze bieten für die Pflanze einen vielfältigen Nutzen. Sie vergrößern die Wurzeloberfläche und führen so zu einer erhöhten Wasser- und Nährstoffaufnahme. Auch bei ungünstigen pH-Werten können sie Nährstoffe aus dem Boden lösen und sorgen so für eine größere Bodentoleranz. Ebenso soll die Mykorrhiza einen gewissen Schutz vor Krankheiten und oberirdischen Schädlingen bieten, wie z.B. Pilzinfektionen oder Blattläusen. Im Garten können Mykorrhiza-Pilze so zu einer Erhöhung der Pflanzenmasse und der Erträge führen.
Mykorrhiza im Garten
Ob sich der Einsatz von Mykorrhiza-Präparaten im Gartenbeet lohnt und dort sichtbare Effekte bringt, hängt vor allem von der Ausgangssituation ab. Sind die Pflanzen bereits mit Mykorrhiza-Pilzen vergesellschaftet, hat die Ausbringung von Pilzkulturen wahrscheinlich nur einen geringen oder keinen Effekt. Wer seinen Boden regelmäßig mit Kompost versorgt, bringt damit in der Regel ebenfalls Sporen von Mykorrhiza-Pilzen aus.
Anders ist es, wenn die ursprünglich vorhandenen Bodenpilze z.B. durch den Einsatz von Pilzbekämpfungsmitteln (Fungizide) geschädigt wurden. Dann kann die gezielte Ausbringung von Mykorrhiza-Kulturen durchaus vorteilhaft sein, genauso wie bei Neuanlagen oder schlechter Bodenqualität.
Da Mykorrhiza-Pilze die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen erhöhen, können sie besonders bei extremen Böden (trocken, nährstoffarm, vernässt, sehr sauer oder alkalisch) zu messbaren Effekten führen. Dann ist auch eine deutliche Einsparung von Dünger und Gießwasser möglich. Auch bei alten Obstbäumen oder Kübelpflanzen kann die Ausbringung der unterirdischen Helfer wie eine Verjüngungskur wirken, sodass die Pflanzen wieder mehr Laub und Blüten bilden. Wer seinen Pflanzen etwas Gutes tun will, kann auch den Boden für Jungpflanzen und Aussaaten, z.B. im Gemüsebeet, mit Mykorrhiza-Präparaten anreichern.
Foto: Tyroler Glückspilze
Im Fachhandel sind Mykorrhiza-Produkte meist als Blähtongranulate erhältlich, die mit Pilzsporen und -hyphen angereichert sind. Das Granulat wird wie ein Dünger ausgebracht, muss aber in den Boden eingearbeitet werden. Bei Neupflanzungen kann auch eine kleine Granulat-Menge direkt ins Pflanzloch gegeben werden.
In den ersten acht Wochen nach dem Ausbringen sollte auf Pflanzenschutzmittel jeglicher Art verzichtet werden. Gerade Pilzbekämpfungmittel sollten überhaupt nicht in den Boden gelangen, denn sie schädigen immer auch die nützlichen Pilze.
Da Mykorrhiza-Pilze im Gegensatz zum Dünger nicht „verbraucht“ werden, ist bei allen Pflanzen nur eine einmalige Ausbringung nötig. Eine Überdosierung kann es bei den Pilz-Präparaten nicht geben.
Wenn Sie nun also neugierig geworden sind, spricht nichts dagegen, die „Pilze mit den langen Armen“ selbst im Garten auszuprobieren. Da es sich um lebende Organismen handelt, sollten Sie dabei auf die Qualität und Vitalität der Präparate achten.
Claudia Heger
Landesfachberaterin des Landesverbandes
Braunschweig der Gartenfreunde
Einen Artikel zum Thema „Pilze im Garten anbauen“ finden Sie hier.
Bezugsquellen
BioMyc
Tel. 0 33 81/21 25 87
www.biomyc-shop.de
Mykolife
Tel. 08 21/5 43 86 81
www.mykolife.de
Neudorff
Tel. 0 51 55/6 24 48 88
www.neudorff.de
Tyroler Glückspilze
Tel. 00 43/5 12/25 10 66
www.gluckspilze.com
F. Schacht (Dünger mit Mykorrhiza-Pilzen)
Tel. 05 31/2 38 03-13
www.schacht.de