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Zum 200. Geburtstag von Moritz Schreber und Ernst Hauschild

Schlagworte zu diesem Artikel:
  • Klein­gar­ten­we­sen
  • Schreberverein
  • Kleingärten
  • Erziehung
  • Gesundheit
  • Vereine

Ehrentafel des Ehrentafel des "Verbandes Leipziger Schre­ber­ver­eine" für den "Schreberverein der West­vor­stadt" zum 50-jährigen Gründungsjubiläum 1914. Die Tafel würdigt die beiden Gründer Dr. Schreber und Dr. Hauschild, deren Portraits die Ehrentafel schmücken. Angesichts der negativen Auswirkungen der in­dus­triel­len Revolution und der damit verbundenen Urbanisierung im 19. Jahrhundert auf die Physis und Psyche des Menschen entwickelte sich als eine Gegenbewegung u.a. das organisierte Klein­gar­ten­we­sen in Deutschland, besonders in Berlin und Sachsen.

Als kräftigste Richtung erwies sich die „Schre­ber­be­we­gung”, deren Geburtsstunde 1864 mit der Grün­dung des „Schrebervereins” schlug. Der Begriff „Schre­ber­ver­ein” wurde bald deutschland- und eu­ro­pa­weit zu einem Synonym für den Begriff „Klein­gärt­ner­ver­ein“. Deshalb ist die Auffassung, dass der Leipziger Arzt und Pädagoge Dr. Moritz Schreber (1808 – 1861) der Erfinder der Kleingärten gewesen sei, weit verbreitet. Sie ist aber falsch.

Dr. Schreber trat in Wort und Schrift dafür ein, im Freien Spielplätze zu errichten, damit sich Kinder und Jugendliche unter pädagogischer Anleitung körperlich ertüchtigen konnten. Diesen Gedanken griff der Leipziger Schuldirektor Dr. Ernst Hauschild (1808 – 1866) auf. Auf seine Initiative hin wurde 1864 ein Erziehungsverein, der den Namen „Schreberverein” erhielt, gegründet.

Hauptanliegen waren die Errichtung eines Spiel­plat­zes, der Aufbau einer Bibliothek und Vorträge zu Erziehungsfragen. Vier Jahre später ließ der pensionierte Oberlehrer Karl Gesell (1800–1879) am Rande des Spielplatzes Kinderbeete anlegen, deren Pflege – ebenso wie die Spiele – der Ge­sund­er­hal­tung dienen sollten. Aus diesen Kin­der­bee­ten entwickelten sich Familienbeete. Als sie um­zäunt und mit niedlichen Lauben ausgestattet wurden, schlug die Stunde der kleinen Gärten.

In den folgenden Jahren entstanden weitere Vereine. Die ersten sechs schlossen sich 1891 zum „Verband Leipziger Schrebervereine” zusammen. Das Spielen mit Kindern und Jugendlichen unter Anleitung von ausgebildeten Spielleitern und Spielleiterinnen stand bis zum Ende der Weimarer Republik im Mittelpunkt der Vereinsarbeit. Charakteristisch war ferner, dass sich die Vereine der Allgemeinheit öffneten und sich sozialen Problemen zuwandten.

1931 schrieb Heinrich Förster, Vorsitzender des 1921 in Bremen gegründeten „Reichsverbandes der Kleingartenvereine Deutschlands”, dass die „Idealgestalt eines Dr. Schreber, die wegweisend am Eingang zur deutschen Kleingartenbewegung steht, ... heute zum Gemeingut der deutschen Klein­gärt­ner­schaft, nicht nur der sächsischen, geworden” ist. Jahr für Jahr fanden in den Ge­burts­mo­na­ten von Schreber und Hauschild allgemeinbildende oder pädagogische Vorträge statt. Höhepunkt war 1908 anlässlich des 100. Jahrestages ihres Geburtstages ihre Würdigung als „strahlendes Doppelgestirn”.

Heutzutage gibt es in Leipzig und andernorts eine beträchtliche Zahl von Vereinen, die sich Schre­ber-, aber auch Hauschild-Verein nennen. Seit 1996 steht im Vereinshaus des ältesten deutschen Schrebervereins das „Deutsche Kleingärtnermuseum in Leipzig” für Besucher offen.

2008 wird eine Sonderausstellung über Schreber und Hauschild gestaltet. Der „Tag des Gartens” des Leipziger Stadtverbandes findet am 21. Juni 2008 in der Anlage des KGV „Dr. Schreber” statt. Ein neues Schreber-Hauschild-Denkmal wird davon künden, dass sich Leipzig, die „heimliche Hauptstadt der deutschen Kleingärtner”, der Tradition der Schreberbewegung verpflichtet fühlt.

Prof. Dr. phil. habil. Günter Katsch,
Stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums des Fördervereins
„Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig“

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