- Kleingartenwesen
Bereit für neue Ideen
Foto: Roemer
Wir sind Urban Gardening – seit 1814! Besser lässt sich nicht beschreiben, dass Kleingärten ein fester Bestandteil städtischer Grünflächen sind. Neben den traditionellen Kleingartenanlagen haben sich in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl gärtnerischer Projekte entwickelt, die regelmäßig unter dem Begriff „Urban Gardening“ zusammengefasst werden.
Sie umfassen die spontane Begrünung von Baumscheiben, das Gärtnern auf Dächern, in Gefäßen, in Projekten oder als Gemeinschaft, für mehr Natur in der Stadt, zum Klimaschutz oder für eine regionale Versorgung. Manche Projekte sind kurzfristig angelegt, wollen zum Beispiel auf Defizite im Stadtgrün hinweisen. Andere etablieren sich zu langjährigen Projekten, wie die Prinzessinnengärten in Berlin, die seit 2009 bestehen.
Vorteil für die Kleingärtner
Foto: Verlag W. WächterViele dieser Projekte werden in loser Gemeinschaft betrieben. Es gibt keinen Vorstand, der die Leitung übernimmt, keine langfristigen Pachtverträge, die den dauerhaften Fortbestand sicherstellen. Doch je langfristiger Urban-Gardening-Projekte angelegt sind und je mehr Aktive daran mitwirken, umso mehr werden Defizite deutlich und gleichzeitig die Vorteile unserer Gemeinschaft der Kleingärtner. Diese Projekte brauchen eine Struktur. Sie brauchen Kümmerer, die verwalten, organisieren, Pachtverträge abschließen und auch Regeln überwachen.
Hier liegt die große Chance für uns. Wir müssen die Pluspunkte des Kleingartenwesens nutzen und es fest in das „Urban Gardening“ integrieren – mehr noch: Wir müssen uns an die Spitze dieser Bewegung setzen. Wir können diesen Projekten einen Raum geben, in dem sie sich langfristig entwickeln können. Wir können ihnen eine Struktur geben, ihnen die Vorteile des gemeinnützigen Kleingartenwesens bieten, Flächen günstig zu pachten, und sie in der Verwaltung unterstützen.
Viele der Urban-Gardening-Projekte genießen ein hohes gesellschaftspolitisches Ansehen. Sie werden in Verbindung gebracht mit aktuellen Themen wie Biodiversität, Klimaschutz, Urbane Landwirtschaft, ökologische und regionale Versorgung. Die Einbettung der Projekte hilft, das Image des Kleingartenwesens erheblich zu steigern, einen anderen Blick auf die Kleingärten zu richten und zu zeigen: „Wir sind Urban Gardening!“
Projekt-Gärten mit Zukunft
Kleingärten als Lernorte für Kinder und Jugendliche haben sich bereits seit Langem bewährt. Jetzt kommen Generationen-, Interkulturelle, Insekten-, Permakultur- und Waldgärten dazu – und ein „Garten der Zukunft“, entworfen in der Lüneburger Kleingartenanlage „Moorfeld“ von den Initiatoren des „Museums Zukunft“.
Foto: Roemer
Im Garten zeigt Andreas Hußendörfer, dass Natur mit den Menschen stattfindet, wie Kreisläufe funktionieren und dass auch in der Stadt nicht auf Biodiversität verzichtet werden kann. Auch viele Wildkräuter schmecken, weiß der Projektleiter des Gartens. Er freut sich über das Interesse der Kleingärtner, die viel über die naturnahe Bewirtschaftung erfahren können, über den Aufbau von Humus, die Erhaltung von Nährstoffen und über die biologische Vielfalt in einem Kleingarten.
Vereinsvorsitzender und Rechtsanwalt Sascha Rhein weiß, dass es sich bei dem Projekt nicht um einen klassischen Kleingarten handelt. Denn das Gesetz bestimmt, dass dieser vom Pächter selbst für den nichterwerbsmäßigen Anbau genutzt werden muss. Deshalb wird der Garten der Zukunft als Teil der Gemeinschaftsflächen in der Anlage betrachtet. Der öffentliche Zugang ist gesichert, ebenso, dass mit den Projektverantwortlichen feste Ansprechpartner vorhanden sind.
Selbstverständlich ist es für Sascha Rhein, dass der Verpächter der Anlage und auch die Hansestadt Lüneburg mit einbezogen werden müssen: „Deren Zustimmung und Unterstützung ist Voraussetzung dafür, dass Urban-Gardening-Projekte in einer Kleingartenanlage verwirklicht werden können“, so Rhein.
Joachim Roemer
Ehemaliger Präsident des Landesverbandes
Niedersächsischer Gartenfreunde