- Kleingartenwesen
Grün macht gesund!
Foto: mauritius images/Steffen Hauser/botanikfoto/Alamy
Gärtnern ist gesund! So weit, so bekannt. Aber schon der Aufenthalt in einer grünen Umgebung und sogar der Blick aus dem Fenster ins Grüne reichen, um Körper und Geist zu stärken. Andreas Niepel ist Teamleiter Gartentherapie an der VAMED Klinik in Hattingen (NRW), Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des BDG und Präsident der „Internationalen Gesellschaft GartenTherapie“. Er erklärt, warum „Grün“ so gesund ist.
Foto: NiepelHerr Niepel, ist es wirklich gesund, wenn man nur ins Grüne blickt?
Erstmals nachgewiesen wurde dies in einer mittlerweile als ‚Fensterstudie’ bekannten Untersuchung. In ihr wurde gezeigt, dass Patienten in einem Krankenhaus, die ins Grüne blicken, schneller genesen, weniger Schmerzmittel brauchen und ein allgemein besseres Wohlbefinden haben, als Patienten, die auf Mauern sehen. Dieses Ergebnis führte zu zahlreichen weiteren ähnlichen Untersuchungen mit dem immer gleichen Ergebnis: Naturkontakte tun uns gut! Das zeigte auch eine sehr gut gemachte Studie aus den Niederlanden. Hier wurden von 400.000 Menschen sämtliche Erkrankungen erfasst – von psychischen Leiden bis zu Rückenbeschwerden. Dabei wurde eindeutig gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der „Grünheit“ der Umgebung und der Gesundheit eines Einzelnen gibt. Auch die „Durchgrünung“ mit Kleingärten hat demnach eine messbare Wirkung auf alle anderen Anwohner. Es konnte noch nicht geklärt werden, wie das funktioniert, aber der Fakt selber ist unbestreitbar.
Wie hilft „Grün“ denn konkret den Menschen?
Das war das wirklich spannende Ergebnis dieser Untersuchungen. Man war natürlich davon ausgegangen, dass „Grün“ z.B. Atemwegserkrankungen minimiert, da die Vegetation etwa Staub bindet. Das Überraschende war, dass auch bei anderen körperlichen und psychischen Leiden eine deutliche Besserung abzulesen war. Man hat versucht, das u.a. dadurch zu erklären, dass die Menschen durch die grüne Umgebung aktiver werden, also mehr Spaziergänge machen. Wissenschaftler haben untersucht, welche Auswirkungen es hat, wenn man eine halbe Stunde in einer grünen Umgebung oder in einer Turnhalle spaziert. Während die Auswirkungen auf die Muskulatur gleich waren, gab es eine positive Wirkung auf das Immunsystem nur bei denen, die im Grünen unterwegs waren. Wenn man also den wöchentlichen Spaziergang nicht an Schaufenstern vorbei, sondern durch eine Kleingartenanlage macht, hat das einen positiven Effekt auf das Immunsystem. In einer grünen Umgebung können wir auch viel besser Stress abbauen, und schon der Blick ins Grüne lässt den Blutdruck sinken und uns sogar auf vielerlei Art psychisch gesunden. Er steigert erwiesenermaßen die Kreativität sowie die Denkfähigkeit und verbessert sogar das soziale Verhalten. „Grün“ hat sogar messbaren Einfluss auf unsere Lebenserwartung.
Inwiefern entfalten Kleingärten die gesundheitsfördernde Wirkung von Grün?
Kleingartenanlagen bieten einen vielfältigen Naturkontakt. Es gibt dort Blumen und Stauden, Obst und Gemüse. Man kann dort viel sehen und über die Natur lernen. Gerade im Vergleich zu vielen Stadtparks, in denen es nur noch grüne Wüsten aus Rasen, alten Bäumen und vielleicht ein paar verwahrlosten Rosenbeeten gibt, haben die Kleingärten mehr zu bieten.
Warum spielen diese Effekte in der öffentlichen Diskussion keine Rolle?
Ich habe manchmal das Gefühl, dass Vorurteile über das scheinbar piefige Kleingartenwesen verhindern, dass viele Menschen darüber nachdenken, was für ein Potenzial Kleingärten haben. Es ist mühsam, immer wieder zu erklären, wie sich das Kleingartenwesen gewandelt hat.
Immer mehr Menschen leben in Städten, und das bringt dem Naturwesen Mensch erhebliche Probleme. Kleingärten sind der einfachste, direkteste und auch der kostengünstigste Weg, diesen entgegenzuwirken, um die Städte für den Menschen wirklich bewohnbar zu machen. Ich hoffe, das wird irgendwann erkannt. Vielleicht bräuchten wir dafür in den Städten durch grüne Wege verbundene Kleingartenanlagen. Dann würde mehr auffallen, welche Vorteile die Kleingärten für alle Menschen bringen.
Das Interview führte Sören Keller, Verlag W. Wächter