- Kleingartenwesen
Tag des Gartens 2017
„Kleingärten: Lebendiges Grün für wachsende Städte“
Fotos: Bergemann Photographie
So lautete das Motto für den Tag des Gartens 2017. Die Auftaktveranstaltung zum deutschlandweiten Gartenfest-Marathon fand in diesem Jahr bereits am 20. Mai im Anschluss an den 4. Bundeskongress der Kleingärtner in Berlin statt – und zwar auf dem Gelände der Internationalen Gartenausstellung (IGA).
Dort luden der Landesverband Berlin der Gartenfreunde und der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG) zum großen Sommerfest in die Kleingartenanlage „Am Kienberg“ – sie ist der IGA angegliedert – in Berlin-Marzahn ein. So warben an diesem langen Wochenende mit dem Kleingärtnerkongress, dem Tag des Gartens und der IGA gleich drei grüne Highlights in Berlin für mehr Mut in der grünen Stadtentwicklung.
Das Wetter meinte es auch gut mit den Gartenfreunden. Nachdem Berlin die Teilnehmer des Kleingärtnerkongresses mehrere Tage bei 30 °C schwitzen gelassen hatte, kühlte es am Festtag bei frischem Wind und leichter Wolkendecke merklich ab – beste Voraussetzungen für ein fröhlich buntes Sommerfest.
Festakt auf der Internationalen Gartenausstellung
Zahlreiche Gäste waren der Einladung zur Festveranstaltung an der Bühne am Koreanischen Garten gefolgt. Bis zum Beginn des Festaktes boten zahlreiche Stände der Grünen Branche Informationen und Unterhaltung. Aber auch zum Plaudern ließ die für die Feste der Gartenfreunde so typische entspannte Stimmung reichlich Zeit. „Soundappeal“, die A-capella-Band aus Berlin, sowie „Get Stoned feat. Sticky Tones life“ sorgten für gute Unterhaltung.
Neben Vertretern der Senatsverwaltung, Funktionären und Ehrenmitgliedern aus dem Bundesverband und den Landesverbänden der Gartenfreunde und Kleingärtner gehörten u.a. Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, sowie Dagmar Pohle, Bezirksbürgermeisterin des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf, zu den Ehrengästen.
Um 11 Uhr begrüßte Ingo Hoppe, Moderator von radioBerlin 88,8, in gewohnt launiger Stimmung Gäste und Besucher. Im anschließenden Auftaktgespräch diskutierte er mit dem Präsidenten des BDG, Peter Paschke, und dem des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde, Günter Landgraf, sowie IGA-Geschäftsführerin Katharina Lohmann nicht nur über die Auswirkungen von Kleingärten auf das Wohl von Mensch und Natur in Städten und Gemeinden, sondern auch über die Situation der Kleingärten und Kleingärtner in Berlin und deutschlandweit. Denn nicht allen Kleingärten wird eine sichere Zukunft gewährt.
Urban Gardening seit über 200 Jahren
„Was heute unter dem Namen Urban Gardening als innovatives Stadtentwicklungskonzept gefeiert wird, machen wir Kleingärtner seit über 200 Jahren“, erklärte Peter Paschke. „So sorgen wir dafür, dass unsere Städte lebenswert bleiben. Doch die Politik honoriert dies nicht immer: Einerseits gibt das Umweltministerium ein Weißbuch mit dem klaren Bekenntnis zu mehr grüner Infrastruktur heraus, andererseits werden Kleingartenanlagen plötzlich zu Bauland.“
Die Umwandlung von Kleingärten in Bauland ist jedoch für den BDG keine Lösung für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Erst am 8. Mai hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks das Weißbuch „Stadtgrün“ vorgestellt, ein klares Bekenntnis zu mehr Grünflächen in den Städten. Kleingärten vor diesem Hintergrund aus den Ballungszentren zu verdrängen, erscheint absurd.
In Berlin und auch anderswo werden besonders Wohnungsbau und Kleingärten zunehmend gegeneinander ausgespielt. Wer bei knapper werdendem Wohnraum Neubauten verhindert, gilt als unsozial. Doch Stadtentwicklung ohne Kleingärten kann nicht die Lösung sein.
Als Grünflächen machen Kleingärten Städte erst lebenswert. Sie verbessern z.B. Luftqualität und Stadtklima, sind ein Beitrag für mehr Stadtnatur, aber auch Rückzugsort und Heimat. Dazu Günter Landgraf: „Wo gemeinsam gegärtnert wird, entsteht auch Gemeinschaft, die besonders in Großstädten als sozialer Kitt von Bedeutung ist.“
Kleingärten gehören zur europäischen Kultur
In ihrer Festansprache unterstrich Dr. Malou Weirich, Generalsekretärin des Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux – dem europäischen Kleingärtnerverband –, dass Kleingärtner nicht erst seit gestern für eine höhere Lebensqualität in den Städten sorgen: „Kleingärten sind als grüne städtische Oasen keine Modeerscheinung. Schon Abbé Lemire, der Gründer des französischen Kleingärtnerverbandes, wusste bereits 1896, dass Kleingärten die Städte grüner machen, sozial sind und somit für mehr Umweltgerechtigkeit sorgen. Kleingärten gehören seit Langem zu unserer europäischen Kultur. Sie müssen neuen Bedürfnissen angepasst werden und als städtische Grünzonen für alle erhalten bleiben. Die Städter von heute und morgen werden sich für unser Engagement und unsere Weitsicht bedanken.“
Senatorin Regine Günther und Bürgermeisterin Dagmar Pohle hoben im anschließenden Gespräch die Bedeutung von Kleingärten für Städte und Gemeinden hervor und versicherten, sich für deren Erhalt und Entwicklung einsetzen zu wollen. Bleibt zu hoffen, dass es vor allem mit Blick auf das aktuelle Wahljahr in Deutschland nicht bei Sonntagsreden bleibt.
Denn obwohl Berlin mit 67.000 Parzellen auch die „Hauptstadt der Kleingärten“ ist, nimmt der Druck auf die Kleingartenflächen zu: 3000 Parzellen droht bis 2025 durch Wohnungsbau das Aus. Aktuell sind u.a. die Pächter der Anlage „Sorgenfrei“ betroffen: Die Bahn bietet das Gelände ausgerechnet im IGA-Bezirk Marzahn-Hellersdorf zum Verkauf an.
Buntes Sommerfest am Kienberg
Um 14 Uhr startete das angekündigte Sommerfest mit Radio B2 in der Kleingartenanlage „Am Kienberg“. Auf einem Kleingartenmarkt boten die 18 Bezirksverbände des Berliner Landesverbandes, alle Kleingärtnervereine des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf sowie zahlreiche Kooperationspartner Informationen, „Budenzauber“ und Mitmachaktivitäten an. Kaffeetafel, Currywurst und Bier sorgten für gemütliche Stimmung mit typischem Berliner Flair.
Nach einer symbolischen Baumpflanzung – mit der die im BDG organisierten Landesverbände die Erweiterung des Wildobst-Lehrpfades im Vereinsgelände unterstützen – konnte bei einem Spaziergang durch die Kleingartenanlage der „Startergarten“, ein innovatives Kleingarten-Projekt, hervorgegangen aus einem Ideenwettbewerb der IGA, besichtigt werden. Dabei ließ sich persönlich erleben, dass wachsende Städte nur mit lebendigem Grün funktionieren.
Thomas Wagner
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde
Ein Tag mit Tradition
Der Tag des Gartens ist eine Initiative des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde. Es gibt ihn seit 1984. Als Vorreiter der Urban-Gardening-Bewegung machen die Kleingärtner mit diesem Tag auf die Notwendigkeit von Grün in den Städten aufmerksam: Viele der mehr als 14.000 Kleingärtnervereine Deutschlands öffnen am Tag des Gartens ihre Pforten – und machen das Glück des kleinen Grüns so für alle erlebbar.
Besonders für Stadtbewohner bleibt der Kleingarten ein Refugium von unschätzbarem Wert: Ein Kleingarten ist nicht einfach nur ein Garten, er bietet Erholung und Ausgleich im Grünen – und zwar inmitten von Häusern und Straßen.