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Fleischfressende Pflanzen
Foto: Park der Gärten
Fleischfressende Pflanzen, auch Karnivoren genannt, gehören heute zum Standardsortiment in fast jedem Gartencenter. Stellt man sich zu den Verkaufstischen, kann man ständig Kinder und Erwachsene beobachten, die (leider) an den Pflanzen herumspielen. Interessant sind deren Bemerkungen: „Wie oft muss man die füttern?“, „Der Deckel klappt ja gar nicht zu“, „Was passiert, wenn ich den Finger reinhalte?“, „Und was passiert mit den gefangenen Insekten?“, „Wo bekomme ich die Insekten im Winter her?“ …
In die Falle locken ...
Im Folgenden möchte ich etwas Licht in die Pflege dieser „wunderbarsten Pflanzen der Welt“ bringen, wie sie schon von Charles Darwin bezeichnet wurden. Darwin hat sich intensiv mit dem heimischen Rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotundifolia) beschäftigt.
Foto: tailex/Adobe Stock
Die weltweit verbreitete Gattung Sonnentau (Drosera) bildet Klebfallen aus. Ist ein Insekt gefangen, krümmen sich zunächst die Tentakeln um die Beute, bevor sich das Blatt zusammenrollt. Zu diesen „aktiven Leimfängern“ gehören auch die Fettkrautarten der Gattung Pinguicula. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in Mexiko, aber auch bei uns kommen zwei Arten vor.
Foto: Carow
Am bekanntesten ist zweifelsfrei die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) aus den Sümpfen in Carolina, USA, deren Fangtechnik Klappfallen sind. Mit ihren Tellereisen kann sie in Bruchteilen einer Sekunde zuschnappen und die Beute regelrecht zerquetschen. Der Auslösemechanismus durch die Fühlborsten, die bei Regen oder bei der ersten Berührung nicht auslösen, ist auch heute noch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.
Die dritte große Gruppe der Karnivoren bildet Fallgruben, die durch die eindrucksvollen Schlauchpflanzen (Sarracenia) aus Nordamerika und durch die großen Kannenpflanzen (Nepenthes) aus den tropischen Urwäldern Asiens repräsentiert werden. Sie gehören zu den passiven Fallgruben, der Deckel ist also feststehend und dient als Landebahn für die Beute und zum Teil auch als Regenschutz.
Die Funktion der Fallgruben ist jedoch so perfektioniert, dass die Fallen im Sommer meist randvoll mit Wespen und Fliegen gefüllt sind. Der abgesonderte zuckersüße, duftende Nektar enthält das Betäu-bungsmittel Coniin und lockt alle Insekten an, die auf Süßes stehen. Schnecken oder Spinnen stehen also nicht auf dem Speiseplan. Die gefangene Beute wird durch Enzyme, wie wir sie auch im Magen produzieren, in die einzelnen Nährstoffe zerlegt, die dann von der Pflanze aufgenommen werden.
Fliegende Düngetabletten
Warum haben die Pflanzen diese komplizierten Fangmechanismen entwickelt? Sie wachsen auf extrem nährstoffarmen Böden und verschaffen sich so einen Standortvorteil gegenüber anderen Pflanzen, die keine „Düngetabletten“ aus der Luft fangen können.
Dabei haben die Karnivoren nicht die Fähigkeit verloren, mit den wenigen Wurzeln die vorhandenen Nährstoffe aus dem Substrat aufzunehmen. Es wird also in der Kultur keine Pflanze verhungern, wenn sie keine Insekten fangen kann. Am Naturstandort ist die Auswaschung der Bodennährstoffe durch Regen sehr viel größer und der Vorteil des Insektenfangens gegenüber den „normalen“ Pflanzen überlebenswichtig.
Als Pflanzstoff für fleischfressende Pflanzen eignet sich ungedüngter, reiner Torf oder spezielle Karnivorenerde am besten. Einmal im Jahr, am besten im Frühjahr, sollte umgetopft werden.
Foto: Carow
Garten oder Fensterbank
Es ergeben sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Kulturmöglichkeiten, nämlich drinnen und draußen. Ein heller, sonniger Standort ist sehr wichtig. Bis auf wenige Ausnahmen benötigen Karnivoren viel Licht und Sonne. Nur bei viel Sonne färben sich die Fallen der Venusfliegenfalle blutrot, und die Schläuche der Schlauchpflanzen bilden ihre schöne Zeichnung aus.
Ein sonniger Fensterplatz an einem Ost- oder Westfenster, im Winter auch an einem Südfenster, ist gut geeignet. Stehen nur dunkle Fenster zur Verfügung, ist die Zusatzbeleuchtung mit LED-Lampen empfehlenswert. Solche Lampen sind heute in einem akzeptablen finanzierbaren Rahmen und haben außerdem einen niedrigen Energieverbrauch.
Es handelt sich um Moorpflanzen, die nie austrocknen dürfen. Die Pflanzen lieben den ständig „nassen Fuß“, der für viele anderen Pflanzen tödlich wäre. Wenn Sie die Töpfe in große Untersetzer stellen, können Sie die Pflanzen gut auf Vorrat gießen, das Gießen beschränkt sich dann auf das wöchentliche Auffüllen der Untersetzer.
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Sie sollten für das regelmäßige Gießen unbedingt kalkfreies Wasser verwenden. Nur in sehr wenigen Gegenden Deutschlands ist das Wasser so weich (Wasserhärte < 1 °dH), dass Sie auch dauerhaft damit gießen können. Durch Abkochen lässt sich zwar etwas Kalk entfernen, es bleibt jedoch noch zu viel zurück. Daher müssen Sie in den meisten Regionen auf Regenwasser, destilliertes Wasser oder kalkfreies Quellwasser zurückgreifen.
Die Ruhezeit im Winter ist für viele Arten wichtig. An vielen Naturstandorten ist es im Winter kühler, das Angebot an Insekten ist begrenzt. Die Pflanzen reagieren mit einer Ruhezeit, in der sie bei ca. 5–12 °C, aber immer noch hell stehen sollten. In dieser Zeit werden keine oder nur wesentlich kleinere Fangblätter ausgebildet. Oft werden die Pflanzen dann leider vernichtet, dabei würden sie im Frühjahr wieder kräftig durchtreiben. Die Pflanzen müssen auch im Winter weiter feucht gehalten werden.
Wenn Sie die drei Kulturfaktoren Licht, Wasser und die winterliche Ruhephase beachten, werden Sie viele Jahre Freude an den Pflanzen haben und erfahren, wie langlebig Karnivoren sind. Um für hohe Luftfeuchtigkeit zu sorgen, können Sie die Pflanzen auch in ein ausgedientes Aquarium stellen.
Es ist aber auch möglich, im Garten oder auf dem Balkon ein kleines Karnivorenbeet einzurichten. In den letzten Jahren ist die Kultur fleischfressender Pflanzen im Freiland sehr im Kommen. Ein eingegrabener wasserdichter und mit saurem Substrat gefüllter Eimer steht oft am Anfang, später schwimmende Inseln oder integrierte Anlagen bei Teichen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Die aufgeführten grundsätzlichen Kulturbedingungen gelten auch hier. Bei richtiger Artenauswahl (siehe Tabelle) ist ein Winterschutz nicht notwendig! Begleitpflanzen wie Wollgräser (Eriophorum), Moosbeere (Vaccinium oxycoccos), Beinbrech (Narthecium ossifragum) oder Sumpfnelke (Helonias bullata) runden eine abwechslungsreiche Bepflanzung ab.
Karnivoren für drinnen |
Tipps |
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Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) | extrem sonnenhungrig |
Schlauchpflanzen (Sarracenia-Hybriden) | nur bei sonnigen Standorten |
Kannenpflanzen (Nepenthes-Hybriden) | gut geeignet |
Sonnentau (Drosera-Arten aus Afrika, Südamerika und Australien) | gut geeignet |
Fettkraut (Pinguicula-Arten aus Mexiko) | gut geeignet |
Wasserschlauch (Utricularia-Arten aus Afrika und Südamerika) | gut geeignet |
Karnivoren für draußen |
Tipps |
Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) | bedingt winterhart, mit Frostschutz |
Schlauchpflanzen (Sarracenia-Hybriden) | S. purpurea, S. flava, S. rubra und deren Hybriden |
Sonnentau (Drosera-Arten aus Europa und Nordamerika) | gut geeignet |
Sonnentau (Drosera-Arten aus Afrika, Südamerika und Australien) | gut geeignet |
Fettkraut (Pinguicula-Arten aus Europa) | gut geeignet |
Wasserschlauch (Utricularia-Arten aus Europa und Nordamerika) |
gut geeignet |
Weitere Infos finden Sie auf www.falle.de
Thomas Carow