- Pflanzenporträts
Alte Sorten Zierpflanzen
Foto: Rolf Engstrand/Wikimedia
Bei Obst oder Gemüse spricht jeder über alte und historische Sorten – bei Zierpflanzen nicht. Dabei ist auch bei ihnen in den letzten Jahrzehnten ein Verlust an Arten und Sorten zu beobachten. Ebenso geht das Wissen um deren Pflege verloren. Unter den Begriff „historisch“ fallen Zierpflanzen, die seit über 30 Jahren in unseren Gärten kultiviert werden. Gehen diese Pflanzen verloren, ist das ein Verlust eines gartenkulturellen Erbes. Sie können helfen, dieses Erbe zu bewahren, indem Sie sich die „Oldies“ in Ihren Garten holen.
Besondere Pfingstrosen
Wenn Sie den Begriff Stauden-Pfingstrosen hören, denken Sie sicher zuerst an die Bauernpfingstrose (Paeonia officinalis) oder die Chinesische Pfingstrose (Paeonia lactiflora). Doch es gibt noch weitere schöne Stauden-Pfingstrosen-Arten, welche die Blütezeit der Pfingstrosen verlängern, da sie vor den Bauern- und Chinesischen Pfingstrosen blühen. Dies sind die Fremdartige Pfingstrose (Paeonia peregrina) und die Netzblättrige Pfingstrose (Paeonia tenuifolia).
Die Fremdartige Pfingstrose stammt ursprünglich aus dem Balkan. Heutzutage wird sie aufgrund ihrer kugelrunden, einfachen und besonders rubinroten Blüte gerne in der Züchtung eingesetzt. Sie wächst als ausdauernde krautige Pflanze und blüht im Mai.
Fotos: Flora Press/Florilegius; Flora Press/Botanical Images
Eine schöne Sorte ist ‘Otto Froebel’, die bereits 1898 in der Schweiz gezüchtet wurde. Sie besitzt einfache hellrote Blüten und auffällige gelbe Staubgefäße, wird ca. 60 cm hoch und ist, wie die Wildart, vollkommen winterhart.
Im 18. Jahrhundert erreichte die Netzblättrige Pfingstrose, eine Steppenpflanze Südeuropas und Kleinasiens, Siebenbürgen und kam über den botanischen Garten in St. Petersburg in unsere Gärten. Diese Wildart besitzt feines Laub, meist nur wenige Millimeter breite Blattabschnitte, und blutrote Blütenschalen, welche einzeln an den Stielen sitzen und im April blühen. Von dieser Pfingstrose gibt es auch eine gefüllt blühende Selektion, ‘Rubra Plena’, welche dunkelrote gefüllte Blüten besitzt, sonst aber gleich wie die Wildart ist.
Fotos: mauritius images/Paul Fearn/Alamy; Gaißmayer
Karminrotes Schlafmützchen
Der Kalifornische Goldmohn (Eschscholzia californica) stammt aus dem Westen der USA. Manchmal bleiben die grünen Kelchblätter einige Zeit auf den jungen Blüten sitzen, was der Pflanze zusätzlich den Namen „Schlafmützchen“ eingebracht hat.
Fotos: mauritius images/Florilegius/Alamy; mauritius images/Asperra Images/Alamy
Die Sorte ‘Karminkönig’ ist eine alte englische Sorte, die um 1900 aus einer Selektion entstanden ist und zurzeit wieder eine kleine Renaissance erlebt. Sie hat karminrote Blüten, die sich bei schlechtem Wetter zum Schutz schließen, und feines blaugrünes Laub. Unter günstigen Bedingungen versamt die Sorte im Garten selbst und schließt so gut Lücken in der Rabatte. Meist sind die Pflanzen einjährig. Sagt ihnen ihr Standort zu, können sie aber auch über Jahre hinweg immer wieder aus ihrer Pfahlwurzel neu austreiben.
Prächtiger Lückenfüller
Die Quastenblume (Emilia coccinea) hat ihren Namen von den quastenartigen Blüten. In ihren Ursprungsgebieten in Ostindien und dem tropischen Afrika wird die Emilie als Zierpflanze und als Küchen- und Arzneikraut verwendet. In Europa wurde die Quastenblume vermutlich zuerst in England um 1799 eingeführt. Emilien wurden erst als Schnittblumen angebaut und später auch für Trockensträuße verwendet.
Fotos: mauritius images/Paul Fearn/Alamy; mauritius images/kpzfoto/Alamy
Die Sorte ‘Scarlet Magic’ hat zahlreiche kleine, orangerote bis rote Blütenköpfchen, die auf langen Stielen sitzen. Sie wurde 1984 in den Niederlanden gezüchtet. Sie wird gerne als Lückenfüller angepflanzt, wo ihre kleinen, aber kräftig gefärbten Blüten für Farbtupfer sorgen. Wenn sie frei steht und flächig angebaut wird, braucht sie ein Stützgitter.
Gast aus dem fernen China
Foto: Steffen Hauser/Botanikfoto Das natürliche Verbreitungsgebiet der Sommeraster (Callistephus chinensis) liegt in Nordchina und Korea. Französische Missionare lernten die Pflanze in China kennen und sandten im Jahr 1720 Samen nach Paris. Die Pflanzen zeigten verschiedene Farben und waren sehr beliebt, was auch in der lokalen Bezeichnung „Reine Marguerite“ (Königin der Margeriten) zum Ausdruck kam.
Wie die meisten Zierpflanzen war die Sommeraster zuerst in den botanischen Gärten Europas zu sehen, von wo sie ihren Weg in die privaten Gärten antrat. Die zielgerichtete Züchtung setzte um 1830 ein, zunächst in Frankreich, dann in Deutschland, insbesondere in Erfurt. Viele der alten Sorten sind aber leider der Welkekrankheit zum Opfer gefallen, doch ein paar Sorten gibt es noch.
‘Prinzeß Leuchtrosa’ ist eine bewährte Schnittaster mit kräftigem, gut verzweigtem Wuchs, sie wird 70 cm hoch. Breite Zungenblüten umsäumen die röhrenförmigen, hochgewölbten, innen liegenden Zungenblüten. Die gefüllte Blüte wird 8–10 cm groß und ist dunkelrosa.
‘Roter Edelstein’ ist eine blutrote, kräftig gefüllte Sorte. Die Zungenblüten sind leicht gerollt. Der Wuchs ist sparrig, buschig und 70 cm hoch. Die Blüte beginnt früh.
‘Leuchtfeuer’ hat halbgefüllte rubinrote Blüten und wird etwa 60 cm hoch. Sie blüht sehr prächtig von Juli bis September. Sie wurde bereits 1934 das erste Mal in einem schweizerischen Saatgutkatalog erwähnt.
Die Königin des Herbstes
Die Dahlie (Dahlia x hortensis) stammt aus dem Hochland von Mexiko. Schon die Azteken haben Dahlien kultiviert. Die ersten Dahliensamen gelangten im Jahre 1789 nach Madrid, 1790 blühten die ersten Dahlien in Europa.
Aus vielen Gärten sind Dahlien in den letzten Jahren verschwunden, weil die Schnecken ihnen so zusetzen, dass sie so mancher Gartenfreund ganz aufgab. Dieses Problem lässt sich aber verringern, indem man die Pflanzen ab April, wenn sie im Winterquartier zu sprießen beginnen, in Töpfen vorkultiviert.
Foto: Gaißmayer
Die älteste Sorte im Handel ist ‘White Aster’, die 1879 in Großbritannien gezüchtet wurde. Sie gehört zu den Pompondahlien und hat kugelrunde, weiße Blütenbälle mit einem Durchmesser von etwa 8–10 cm in überaus reicher Zahl. Es ist erstaunlich, dass diese Sorte noch existiert, da Dahlien nicht über Samen weitergezogen werden, sondern über Knollen, die jedes Jahr wieder gepflanzt werden müssen. Das bedeutet, dass ‘White Aster’ von 1879 bis heute lückenlos angebaut worden ist.
‘David Howard’ besitzt leuchtend goldorange, 10–15 cm große Blüten und gehört zur Gruppe der Dekorativen Dahlien. Sie wird ca. 140 cm groß und hat dunkles Laub. Sie wurde 1960 von David Howard gezüchtet.
Die ‘Wörtherseerose’ gehört zur selben Gruppe und hat 15–20 cm große, hellrosa Blüten mit hellgelber Mitte. Sie wird ca. 120 cm hoch und wurde 1951 in Deutschland gezüchtet.
Gelbe Blüten mit blauen Adern
Die Teufelsfeige (Argemone mexicana), auch Mexikanischer Stachelmohn genannt, hat ihre Heimat in den trockenen Subtropen Mittelamerikas und der Karibik. Bereits die Azteken nutzten die Teufelsfeige als Heilpflanze und für spezielle Rituale. Sie hielten sie für eine Nahrung der Toten und legten sie als Beigabe in die Gräber ihrer Verstorbenen. Die Pflanze ist giftig, da der Milchsaft und die Samen eine Vielzahl von Alkaloiden enthalten.
Fotos: Flora Press/Florilegius; Steffen Hauser/Botanikfoto
Maria Sibylla Merian, eine Naturforscherin mit deutsch-holländischen Wurzeln, beschrieb die Teufelsfeige 1699 bei ihrer Reise nach Surinam. Möglicherweise nahm sie auch ein paar Exemplare nach Deutschland oder Holland mit. Jedenfalls fand die Teufelsfeige im folgenden Jahrhundert einige Verbreitung in Europa. So wurde sie 1873 bei der Weltausstellung in Wien als Zierpflanze gezeigt.
Der sparrige, hohe Wuchs und die groß ausladenden, stacheligen Blätter geben der Pflanze eine skulpturhafte Erscheinung. Gemeinsam bilden sie einen interessanten Gegensatz zu den von Juli bis September erscheinenden zarten und großen, hell- bis blassgelben Blüten, die leicht von bläulichen Adern durchzogen werden.
Von England in die Gärten
Foto: FloraPress/MAP Das natürliche Verbreitungsgebiet des Kambrischen Scheinmohns (Meconopsis cambrica) erstreckt sich von Westeuropa bis Südwesteuropa. Vermutlich nahm man die schön hellgelb blühende Blume zuerst in England in Gartenkultur, wo sie auch wild lebend vorkommt. Der Namensteil „cambrica“ ist von „Cambria“, dem alten lateinischen Namen von Wales abgeleitet. Erwähnt wurde die Art das erste Mal im Jahr 1640 unter dem Namen Papaver cambricum perenne flore sulphureo.
In der deutschsprachigen Region taucht die Pflanze erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts in zahlreichen botanischen Gärten auf. 1837 empfiehlt sie der österreichische Pfarrer Zetter in seinem Staudenbuch als Gartenpflanze. Dennoch blieb der Scheinmohn zunächst selten und auf Liebhabergärten beschränkt. Mit dem Aufkommen der Steingärten und später in den Staudengärten fand er jedoch weitere Verbreitung. Ende des 19. Jahrhunderts entstand in England eine Form mit gefüllten Blüten, ‘Plena’, später auch eine mit orangegelben Blüten, ‘Aurantiaca’. Obwohl in England immer noch beliebt, sind diese beiden Sorten bei uns nur noch wenig verbreitet.
Ein Röschen aus Kalifornien
Foto: Eric in SF/Wikipedia Das Mandelröschen (Clarkia unguiculata), auch unter dem Namen Sommerfuchsie bekannt, war eine der vielen Pflanzen, die der schottische Botaniker und Pflanzensammler David Douglas von seinen Sammelreisen in das westliche Nordamerika nach England brachte. Es wurde erstmals 1832 im Garten der Royal Horticultural Society angebaut.
Die Art verbreitete sich dank ihrer außergewöhnlich geformten, attraktiven purpurviolettfarbenen Blüten rasch und war bereits 1834 in deutschen Gärten bekannt. 1837 heißt es in der 5. Auflage von „Wredow’s Gartenfreund“: „Obgleich wir diese schöne Pflanze erst seit einigen Jahren in Deutschland haben, so besitzen wir doch von ihr schon sehr schöne Spielarten.“
Neben der violettfarbenen Stammart gab es einfache und gefüllte lachsfarbene Sorten mit kerzenartigen Blütenständen. Durch Auslese und Kreuzung der beiden entstand bald eine Vielzahl neuer Sorten, wobei England die führende Rolle in der Züchtung übernahm.
Amethystblaue Blüten
Die Gattung Browallia gehört zur Familie der Nachtschattengewächse und umfasst je nach Einteilung sechs Arten, die vom südlichen Arizona über Mexiko bis nach Südamerika verbreitet sind.
Der Amethyst-Veilchenbusch (Browallia americana) zeichnet sich durch ein ganz besonderes Amethyst-Blau der etwa 1 cm großen Blüten aus. Es gibt jedoch auch Sorten mit malvenfarbenen, purpurnen oder weißen Blüten.
Fotos: Archivist/Fotolia; Flora Press/MAP
In den 1930er Jahren war der Amethyst-Veilchenbusch als Sommerblume in Deutschland sehr beliebt. In „Pareys Blumenbuch“ steht über ihn 1932: „Alle Browallien sind den empfehlenswerteren zierlichen Sommerblumen zuzuzählen. Sie sind aber etwas empfindlich und gehen hin und wieder im besten Wachstum zurück.“ Heute ist sie, wie viele Einjährige, nur noch selten in Gärten zu sehen, als Zimmer- und Topfpflanze ist sie jedoch noch häufig.
Heilpflanze des Mittelalters
Die Gattung der Scabiosa umfasst etwa 100 Arten, die in Europa, Asien und Ostafrika verbreitet sind. In Mitteleuropa kommen fünf davon wild wachsend vor. Im Mittelalter dienten sie als Mittel gegen Krätze und andere Hautkrankheiten.
Die Witwenblume (Scabiosa atropurpurea) soll nach einer französischen Sage aus der Gegend von Lorient in der Bretagne aus den Tränen entstanden sein, die eine Witwe am Grabe ihres Mannes vergoss. Vielleicht inspirierten aber auch einfach die alleinstehenden Blütenköpfe und deren purpurschwarze Farbe zu dem Namen. In England wurde sie bereits 1588 unter dem Namen „Poor Widow“ als Gartenblume erwähnt.
Fotos: mauritius images/Florilegius/Alamy; C T/Johansson/Wikipedia
Von hier aus gelangte sie über Italien nach Mitteleuropa und erscheint in verschiedenen Quellen aus dem 17. Jahrhundert. Im königlichen Garten in Kopenhagen wurden 1642 drei Farbformen (Purpurrot, Dunkelpurpurrot und Weiß) gezogen, 1736 fanden sich im botanischen Garten von Georg Friedrich von Ziethen bei Schloss Trebnitz bereits vier Farbformen. Bald darauf breitete sie
sich auch in privaten Gärten aus und blieb bis ins 19. Jahrhundert eine häufige Zierpflanze.
In diesem Sinne: Lassen auch Sie die Schätze von damals in Ihrem Garten zu neuen Ehren kommen und helfen Sie so aktiv mit, dieses blühende Erbe für zukünftige Generationen zu bewahren.
Elisabeth Ris, Brigitte Bartha
ProSpecieRara
ProSpecieRara
ProSpecieRara ist eine schweizerische, nicht-profitorientierte Stiftung, die 1982 gegründet wurde. 2011 entstand eine eigene Organisation in Deutschland, die dieselben Ziele verfolgt. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, vergessene Garten- und Ackerpflanzen sowie Beeren- und Obstsorten wieder aufzuspüren und sie mit einem Netzwerk von Privatpersonen zu erhalten und eine Samenbibliothek aufzubauen. Außerdem werden die Sorten zusammen mit Partnern in Sammlungen abgesichert. Gemeinsam mit Sortenbetreuern, Schaugärten, Gärtnereien und Gönnern werden die traditionellen Sorten so wieder erlebbar und für alle verfügbar gemacht.
Weitere Infos: Tel. 0761/59 39 00 07 oder www.prospecierara.de
Bezugsquellen
Staudengärtnerei Gaißmayer
Tel. 07303/72 58
www.pflanzenversand-gaissmayer.de
(Pfingstrosen, Dahlie ‘White Aster’, Scheinmohn, Scabiose)
Stauden Stade
Tel. 02861/26 04
www.stauden-stade.de
(Pfingstrosen, Scheinmohn)
Biogartenversand
Tel. 039037/781
www.biogartenversand.de
(Quastenblume, Goldmohn ‘Karminkönig’)
Pflanzen-Vielfalt
www.saatgut-vielfalt.de
(Quastenblume, Browallie)
Samen Frese
Tel. 05401/466 02 30
www.samen-frese.de
(Sommerastern ‘Prinzeß Leuchtrosa’, ‘Leuchtfeuer’)
Chrestensen
Tel. 0361/510 15
www.gartenversandhaus.de
(Sommeraster ‘Roter Edelstein’)
Gewiehs Blumenzwiebeln
Tel. 05651/33 62 49
www.gewiehs-blumenzwiebeln.de
(Dahlie ‘David Howard’)
Koestritzer Dahlien
Tel. 036605/26 59
www.koestritzerdahlien.de
(Dahlie ‘Wörtherseerose’)
Templiner Kräutergarten
Tel. 03987/20 91 90
www.templiner-kraeutergarten.de
(Teufelsfeige/Stachelmohn)
Nebelung (Kiepenkerl)
Tel. 02661/940 52 84
www.nebelung-shop.de
(Mandelröschen)