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Schön und schlau: Orchideen
Foto: Werle Orchideen gelten als wahre Kostbarkeiten der Natur. Ihre vielfältigen Blütenformen, -farben und -düfte faszinieren viele Pflanzenliebhaber. In den Gärtnereien werden oftmals fremdländische Arten angeboten, weitaus weniger bekannt sind dagegen unsere heimischen wild wachsenden Orchideen.
Rund 70 Orchideenarten gibt es in Deutschland. Sie besiedeln Lebensräume wie Kalkmagerrasen, Feuchtwiesen, Laubmischwälder oder alpine Matten. Keine überlebens-Chance haben sie auf intensiv genutzten Flächen, die in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zugenommen haben.
Daher finden sich heutzutage fast alle unsere heimischen Orchideen auf der „Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten" wieder. Als „Besonders geschützte Arten" (§ 20 e Bundesnaturschutzgesetz) darf man sie z.B. nicht pflücken, ausgraben oder Teile von ihnen entfernen.
Bunte Vielfalt in Gestalt und Farbe
Alle Orchideen gehören zu nur einer Pflanzenfamilie, den Orchideengewächsen (Orchidaceae). Umso erstaunlicher ist die Vielfalt an Farben, Mustern und Formen der Blüten. Diese bestehen aus sechs Blütenblättern, drei äußeren (Sepalen) und drei inneren (Petalen). Das mittlere Petalenblatt bildet die Lippe, die oftmals auffällig geformt, gefärbt oder behaart ist.
Foto: Schubert Beim Gelben Frauenschuh (Cypripedium calceolus) bildet sie den „Schuh", bei den Riemenzungen-Arten (Himantoglossum) ist sie zungenartig verlängert, bei den Ragwurz-Arten (Ophrys) ahmt sie Insektenformen nach. Mit bunten Mustern schmücken sich z.B. die Knabenkraut-Arten (Orchis, Dactylorhiza). Im Folgenden zwei Beispiele dafür, was die Pflanzen mit ihren auffälligen Blüten und speziellen Düften „bezwecken".
Kesselfalle sichert Bestäubung
Der Gelbe Frauenschuh gehört wohl zu den bekanntesten heimischen Orchideen. Mit seinem blasig aufgetriebenen, gelb leuchtenden „Schuh" sichert die Pflanze ihre Bestäubung: Sind kleine Insekten in die so genannte Kesselfalle geraten, müssen sie auf ihrem Weg nach draußen zwangsläufig an Narbe und Staubblatt vorbei.
Ein lichtdurchlässiges Fenster und griffige Borsten in der ansonsten glatten Falle weisen ihnen den Weg. Dabei laden sie automatisch bereits mitgebrachten Pollen an der Narbe ab und neuen Pollen vom Staubblatt wieder auf – und für die Pflanze gilt: Ziel erreicht. Der „Pollentransporter" selbst geht dagegen leer aus, wird noch nicht einmal mit Nektar belohnt.
Gekonntes Täuschungsmanöver
Foto: Schubert Eine wahre „Mogelpackung" für die Männerwelt einiger Insektenarten stellt die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) dar. Die Blüte produziert Düfte, die den Sexuallockstoffen einiger Insektenweibchen ähneln. Und auch die Blütenform ahmt die Gestalt eines solchen Weibchens nach, sogar die Behaarung stimmt.
So manches Insekten-Männchen kann diesen betörenden Sinnesreizen nicht widerstehen, landet auf der Blüte und versucht, das vermeintliche Weibchen zu befruchten. Dabei lädt es mitgebrachten Pollen ab oder nimmt eine neue Fracht mit – bis zur nächsten Blüte.
Nachwuchs auf Pilz angewiesen
Nicht nur ihre Blütenbestäubung müssen die Orchideen sichern, sondern sie müssen auch den Nachwuchs gut versorgen. Orchideen leben in einer Symbiose (Lebensgemeinschaft) mit speziellen Pilzen: Die Pilze liefern Wasser, Nährsalze und einige organische Substanzen, im Gegenzug erhalten sie von den Pflanzen Kohlenhydrate und andere organische Verbindungen.
Da die kleinen Samenkörner der Orchideen kein Nährgewebe besitzen und kaum über Reservestoffe verfügen, ist die Versorgung über den Pilz für die heranwachsenden Pflanzen besonders wichtig.
Christiane Breder
Arbeitskreise Heimische Orchideen
Ein besonderes Augenmerk auf Orchideen haben die Arbeitskreise Heimische Orchideen (AHO), die die Orchideenvorkommen Deutschlands erfassen – Grundlage für jegliche Schutzmaßnahme. Auch küren die AHO jedes Jahr eine der Pflanzen zur „Orchidee des Jahres". In diesem Jahr ist es die Grüne Hohlzunge (Coeloglossum viride) (vgl. Natur des Jahres 2004 - Teil 1).
Weitere Informationen hierzu finden Sie im Internet unter
www.europorchid.de oder www.orchideen-kartierung.de.