- Tiere im Garten
Ein räuberischer Sänger: das Große Grüne Heupferd
Welcher Gärtner macht in seinem Garten nicht gerne Beobachtungen wie die Folgende: An einem frei stehenden Zweig ist ein Grünes Heupferd (Tettigonia viridissima) emporgeklettert, ein Männchen, hübsch anzusehen vor der untergehenden Sonne. Es will zweierlei nutzen, nämlich die weiter oben noch vorhandene Wärme und den Aussichtspunkt. So heimlich es auch sonst während des Tages tut, fühlt es sich jetzt ungestört und beginnt sein schrilles Zirpkonzert, um Weibchen anzulocken.
Wie viele Tiere, die wir heutzutage in unseren Gärten antreffen, ist auch das Grüne Heupferd von der freien Natur her eingewandert. Sein Eldorado waren früher die Korn-, Kartoffel- und Gemüsefelder, aber seitdem diese intensiv wie nie zuvor bewirtschaftet werden, sind sie dort immer seltener geworden – mit ihnen ihre weithin hörbaren Konzertserenaden an schönen Sommer- und Frühherbstabenden. Geben wir ihnen in unseren Gärten eine Heimstatt!
Singen nur einen Sommer
Foto: Rohdich Befinden sich viele Männchen im Garten – was immer ein Zeichen für ein naturnahes Biotop ist –, können ihre „Gesänge“ für dort sitzende Menschen ziemlich störend wirken. Doch bald, wenn mit der zunehmenden Dunkelheit Kühle eintritt, schweigen die Sänger und ziehen sich in die unteren Partien der Gebüsche zurück.
Im Sommer paaren sich die Heupferde. Anschließend legen die Weibchen, die einen langen Legestachel besitzen, ihre Eier ins Erdreich ab. Aus ihnen schlüpfen, wenn alles klappt, im nächsten Frühjahr die überaus zarten, grünlichen Jungen. Nach fünf Häutungen im Laufe des Sommers sind sie ihrerseits erwachsen und schreiten zur Fortpflanzung – der Kreis hat sich geschlossen. Mit dem ersten Frost sterben alle Alttiere ab.
Nützliche Räuber
Foto: Rohdich Das Große Grüne Heupferd gehört wie alle Heuschrecken mit langen Fühlern zu den „Laubheuschrecken“, im Gegensatz dazu sind Feldheuschrecken mit kurzen Fühlern ausgestattet. Im Garten ist das Grüne Heupferd nützlich, weil es räuberisch lebt.
Andere Insekten, darunter viele Schädlinge, werden durch raschen Zusprung gepackt, wenn sie sich nähern. Sogleich führt das Heupferd die Beute mit den Vorderbeinen den kräftigen Mundwerkzeugen zu, die auch uns durchaus schmerzhaft zwacken können.
Sonst springt das Große Grüne Heupferd im Allgemeinen eher selten, trotz der starken Hinterbeine. Meist klettert es gemächlich und lauert auf Beute.
Foto: Rohdich Die langen, den Körper weit überragenden Flügel befähigen die Tiere zu ausgedehnten, oft vom Wind begünstigten Flügen. Für die Männchen haben sie noch eine zweite Bedeutung: Mit ihnen erzeugen sie durch eine Schrillader und Schrillleiste die hellen, weithin schallenden erwähnten Zirpereien.
Diese Heuschreckenart, deren große Facettenaugen alles genau wahrnehmen, kennt einen raffinierten Trick, sich zu tarnen: Nähert man sich einem Tier, versucht es stets, zwischen den Störenfried und sich eine Deckung zu bringen, meist den Stängel der Pflanze.
Walther Rohdich