- Tiere im Garten
Mücken: Plagegeister und Überlebenskünstler
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Sie summen, stechen und rauben uns den Schlaf: Mücken haben einen schlechten Ruf als nervende Plagegeister. Zu Unrecht? Immerhin gibt es in Deutschland mehr als 100 Mücken-Familien mit insgesamt knapp 10.000 Arten. Und nur die weiblichen Mücken aus vier Familien sind hinter unserem Blut her: nämlich die der Stechmücken, Gnitzen, Kriebelmücken und Sandmücken (treten in Deutschland nur vereinzelt auf). Und obwohl sie wild um uns herumschwirren und jeder juckende Stiche kennt, wissen wir doch wenig über die Vielfalt und Lebensweise der Mücken.
Ohne Mücken keine Nahrung
Mücken (Nematocera) und Fliegen (Brachycera) sind zwei Unterordnungen der Zweiflügler (Diptera). Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv. In der Nahrungskette bilden einige Arten ein wichtiges Glied. In Gewässern sind Mückenlarven ein gefundenes Fressen für Fische, Amphibien, Reptilien und räuberische Insekten wie Libellenlarven, Rückenschwimmer, Schwimmkäfer oder Wasserflöhe. Mückenlarven können in manchen Flüssen rund 70–80 % der Fischnahrung ausmachen.
Die erwachsenen, flugfähigen Mücken stehen weit oben auf dem Speiseplan von Singvögeln und größeren Insekten, die wiederum Nahrungsgrundlage anderer Tiergruppen sind. Eine Fledermaus etwa erbeutet bis zu 2000 Mücken in einer Nacht! Auch zur Bodengesundheit tragen Mücken bei: In der Erde lebende Mückenlarven zersetzen Laub und helfen somit, Humus zu bilden.
Tigermücke
Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) gilt als invasive Art. Seit 2007 tritt sie in Teilen Süddeutschlands auf, vor allem in den Regionen um Freiburg und Heidelberg sowie entlang des Rheins von Freiburg bis Frankfurt. Auch in Berlin und Würzburg wurde sie gesichtet. Die Tigermücke gilt als sehr aggressiv im Anflug – sie lässt sich schlecht verscheuchen. Zudem kann sie verschiedene Krankheitserreger übertragen, z.B. Dengue-, Chikungunya- und Zika-Viren. Wenn Reiserückkehrende, die solche Viren im Blut haben, zu Hause von dieser Mückenart gestochen werden, ist zumindest saisonal eine Übertragung von Krankheitserregern auch in Deutschland vorstellbar.
Die meisten trinken lieber Saft
Mücken ernähren sich von Nektar und Pflanzensäften sowie Wasser. Kaum bekannt ist, dass auch Mücken und Fliegen Blüten bestäuben – und zwar zu etwa dem gleichen Anteil wie Bienen und Hummeln!
Die Mückenweibchen legen Eier, aus denen sich über mehrere Larven-Stadien flugfähige Mücken entwickeln.
Reisende mit Risiko
Eine Folge des Klimawandels ist, dass wärmeliebende Stechmückenarten von Süden Richtung Norden wandern. Die zunehmend wärmeren Sommer und selteneren Winterfröste begünstigen ihre Etablierung. Beispiele sind die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus), sie sind seit 2007 bzw. 2008 in Deutschland etabliert.
Beide Arten können Krankheitserreger übertragen. Jedoch ist das Auftreten der „neuen“ Mücken allein ungefährlich: Erst wenn sie einen Erreger aufgenommen haben, können sie diesen übertragen. Und auch hiesige Stechmücken können Krankheitserreger übertragen: Seit 2018 tritt in Deutschland saisonal das West-Nil-Fieber auf, übertragen durch einheimische Culex-Stechmücken.
Humusbildner
Jeder Gartenfreund kennt sie: Die kleinen, schwarzen Trauermücken (Sciaridae), die beim Gießen von Zimmerpflanzen aufgescheucht hochfliegen. Sie kommen in Mooren, Wäldern, Feuchtwiesen und Gärten vor, dort zersetzen sie Laub, Rinde und Pilze. Die Trauermücken selbst schaden keiner Pflanze. Nur ihre Larven fressen an Wurzeln und abgestorbenen Pflanzenteilen. Steck- oder Keimlingen kann ein Befall zum Verhängnis werden. Bei Zimmerpflanzen hilft es, weniger zu gießen, dann Gelbtafeln aufzuhängen, die Topferde 1 cm hoch mit Sand abzudecken oder ein Gießmittel auf Neem-Basis einzusetzten.
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„Opa Langbein“ sticht nicht
Mit bis zu 4 cm Länge und einer Spannweite von bis zu 5 cm zählen die Schnaken (Tipulidae) zu den größten Vertretern. Von weltweit rund 4000 Arten sind etwa 140 bei uns heimisch. Unverkennbar sind ihre langen Beine. Schnaken ernähren sich von Wasser und Nektar, sie stechen also nicht. Treten Schnaken-Larven massenhaft auf, können sie Gemüsepflanzen durch Fraß an Wurzeln und Blättern schädigen. Beispiele sind etwa die Kohlschnake (T. oleracea) oder die Wiesenschnake (T. paludosa).
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Gallen an Himbeeren
Foto: picture alliance/blickwinkel/H. Bellmann/F. Hecke Gallmücken (Cecidomyiidae) verbringen den Großteil ihres Lebens als Larve. Ein seltener Ertragsschädling an Him- und Brombeeren ist die Himbeergallmücke (Lasioptera rubi). Im Mai legen die Mücken Eier an Knospen und junge Ruten.
Nach etwa zehn Tagen schlüpfen die Larven, bohren sich in die Ruten und rufen dort die typischen Gallen hervor. Befallene Ruten wachsen und tragen schlechter oder sterben sogar oberhalb der Galle komplett ab. Solche Ruten sollten Sie abschneiden und vernichten.
Die Larven überwintern in den Gallen und verpuppen sich im April. Zwei bis drei Wochen später schlüpfen die ausgewachsenen Mücken.
Natürliches Frostschutzmittel
Kälte macht ihnen nichts: Wintermücken (Trichoceridae) sind bereits bei Temperaturen knapp über 0 °C aktiv. Ihre Körper enthalten eine glycerinartige Substanz, die sie vor dem Erfrieren bewahrt. Zwölf Arten leben in Deutschland.
Dank ihrer dunklen Körperfärbung und schwarzen Adern in den Flügeln können Wintermücken selbst geringste Sonnenwärme aufnehmen. Ihre Larven leben vor allem in der Streuschicht und fressen zerfallene Pflanzenreste.
Saugen bei Mensch und Vieh
Überall, wo viel Vieh gehalten wird, kommen die Gnitzen (Ceratopogonidae), auch Bartmücken genannt, vor. Rund 190 Arten dieser Familie leben in Deutschland, viele (Weibchen) sind blutsaugend, teils auch beim Menschen. Ihre Stiche sind sehr schmerzhaft. Die Männchen ernähren sich von Pflanzensaft. Gnitzen können Schafen, Rindern und Ziegen das Blauzungenvirus übertragen.
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Schmerzhafter Biss
Die Weibchen der Kriebelmücke (Simuliidae) saugen u.a. auch beim Menschen Blut, ihr Biss ist ebenfalls sehr schmerzhaft. Rund 50 Arten leben in Deutschland. Sie sind mit 2–6 mm Länge eher klein. Ihre Larven entwickeln sich in Fließgewässern.
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Gute Bekannte
An warmen, windstillen und leicht bewölkten Tagen sind die Stechmücken (Culicidae) am aktivsten. Sie fliegen bis zu 2,5 km/h schnell und bis zu 100 m hoch.
In Deutschland sind rund 50 Arten heimisch. Da die Larven im Wasser leben, kommen Stechmücken bevorzugt in der Nähe von stehenden Gewässern und Feuchtgebieten vor, auch Pfützen und offene Regentonnen dienen als Brutplatz.
Die häufigste Art in Deutschland heißt Aedes vexans, zu erkennen an den Tanzschwärmen der Männchen. Ebenfalls häufig sind die Gemeine Stechmücke (Culex pipiens) und die Ringelmücke (Culiseta annulata). Die Beine der Ringelmücke sind weiß geringelt, und sie hat helle Querstreifen auf ihrem schwarzgrauen Körper. Deshalb wird sie oft mit der Asiatischen Tigermücke verwechselt.
Warum stechen Mücken?
Beide Geschlechter von Mücken ernähren sich von Nektar, Pflanzensäften und Wasser. Nur die Weibchen blutsaugender Arten benötigen zudem das Protein aus dem Blut für die Reifung ihrer Eier.
Blutsaugende Mücken nehmen Wärme, feuchte Luft und Bewegungen wahr. Vor allem das Kohlenstoffdioxid aus unserer Atemluft lockt sie an, so wie auch der Körpergeruch (Schweiß, Blut, Harn). Daher werden Menschen unterschiedlich stark von Mücken gestochen. Vor dem Schlafen noch einmal zu duschen, kann also ruhigere Sommernächte bescheren.
Vor dem Stich
Foto: solstizia/Adobe StockDraußen schützt helle, weite und lange Kleidung, z.B. aus Leinen. Regentonnen sollten Sie abdecken. Drinnen haben sich Moskitonetze und Fliegengitter bewährt sowie Ventilatoren.
Sprays mit ätherischen Ölen aus Zitrusfrüchten, Lavendel, Eukalyptus oder Zeder, Salbei und Bergamotte halten Mücken auf Abstand – aber nur kurzzeitig. Dauergebrauch kann die Haut reizen.
Der Duft einiger Pflanzen, z.B. im Balkonkasten vor dem Fenster, soll angeblich Mücken vertreiben: Tomate, Lavendel, Katzenminze, Thymian, Basilikum. Gleiches gilt für das Verräuchern von Kräutern, z.B. Salbei. Keinen Schutz bieten dagegen Armbänder mit ätherischen Ölen, Ultraschallgeräte und UV-Lampen, Duftkerzen, Öllampen oder mit Nelken gespickte Zitronen.
Nach dem Stich
Foto: zaschnaus/Adobe Stock Das Wichtigste: nicht kratzen! Durch das Kratzen können Bakterien oder Schmutzpartikel in die Wunde eindringen, was zu Endzündungen/Schwellungen führt. Sie können die Stichwunde mit alkoholischer Lösung einreiben und desinfizieren. Heißer Tipp gegen das Jucken: Verwenden Sie einen Stichheiler. Der kleine Stift erwärmt die Haut punktuell oder sendet Elektroimpulse. Dadurch gerinnt das Eiweiß, das im Mückenspeichel enthalten ist – und das Jucken hat ein Ende.
Alternativ erhitzen Sie einen Löffel in einer Tasse mit heißem Wasser und drücken ihn auf den Stich, hier müssen Sie aber genau auf die richtige Temperatur achten. Gegen Schwellung und Juckreiz hilft auch Kälte. Kühlen Sie etwa mit Eiswürfeln, Kühlakkus oder Speichel. Auch eine Zwiebelscheibe kühlt und wirkt durch den enthaltenen Schwefel antibakteriell.
Mücken einschicken
Schicken Sie gesammelte Mücken oder Fotos ein und helfen Sie Mücken-Forschern zu verfolgen, welche Arten es gibt – einheimische und invasive.
Infos unter: www.mueckenatlas.com und www.neobiota-nord.de
Roman Seifert
Redaktion „Gartenfreund“,
Verlag W. Wächter