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Migranten in die Vorstandsarbeit einbeziehen
Hürden überwinden
Foto: Zuleia Solange Bedenken gegen die Aufnahme von Migranten in Vereine als Mitglieder bestehen, kann auch ihre Wahl in den Vorstand auf Vorbehalte stoßen. Das ging vielleicht auch Yasar Pàlabiyikaus aus Hamburg-Wilhelmsburg so. Seine Gartenmitglieder mussten erst sehen, dass er die Regeln genauso anwendet wie seine deutschen Kolleginnen und Kollegen, dass er ebenso mit Augenmaß und Toleranz seine Aufgaben ausübt. Das befolgt er beim Bundeskleingartengesetz konsequent. Spielräume gewährt er z.B. bei der Heckenhöhe.
Für viele Berliner Gartenfreunde sind Migranten im Kleingarten ein recht junges Thema. Erst nach der Wende kamen sie verstärkt in die Kolonien. Mehmet Alkan war dann der erste Migrant, der in Berlin, im Weddinger Kleingärtnerverein (KGV) Scherbeneck, die Funktion des ersten Vorsitzenden übernahm. Wolfgang Dippold berichtete der Berliner Zeitung über seine Zufriedenheit mit seinem türkischen Vorsitzenden. Dieser sei ruhig, aber beharrlich und nicht gar so streng. Das weiß er zu schätzen.
Im niedersächsischen Lüneburg muss Waldemar Schmidt als zweiter Vorsitzender des KGV Ilmenau seine Rolle im Vorstand noch finden. Vor achtzehn Jahren kam er aus Kasachstan nach Deutschland. Für das Sofa fühlt er sich viel zu jung, und so organisiert der Vogelfreund jetzt im Verein insbesondere die Gemeinschaftsarbeit.
Ein paar Kilometer weiter, im KGV Düvelsbrook, ernannte der Vorstand 2009 Rudolf Haas und Alexei Mehlhaff zu Integrationsbeauftragten mit der Aufgabe, eine Brücke zwischen dem Vorstand und den Mitgliedern, vor allem deutsch-russischer Herkunft, zu bilden. Auch hier wurde die Akzeptanz aller Mitglieder nicht sofort erreicht.
Der Weg in die Normalität
Wir werden und wollen die Entwicklung nicht aufhalten. Der zunehmende Anteil von Migranten in den Kleingärten hat positiv zu einem Abbau von Leerstand in Kleingartenanlagen und zu einer Verjüngung der Mitglieder und ihrer Angehörigen geführt. Das wachsende Selbstverständnis von Verein und ehrenamtlicher Tätigkeit wird ihre Integration weiter voranbringen und den Anteil der Migranten in Vorständen steigen lassen.
Es ist ein langer Weg. Gemeinsam müssen wir stetig daran arbeiten, Vorbehalte abzubauen und dabei andere kulturelle und ethische Lebensformen zu respektieren.
Die Herkunft sollte eines Tages keine Rolle mehr spielen, so wie im Verband der Kleingärtner Baden-Württemberg, wo in 143 Vereinen etwa 70 % der Vorstandsmitglieder einen Migrationshintergrund haben und alle Funktionen wahrnehmen, vom Vorsitzenden bis zum Beisitzer und Revisor.
Joachim Roemer,
Vizepräsident des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde