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Vielfalt erwünscht: Menschen in Kleingärten
„Hartz“-Gesetze und flexible Arbeitszeiten
In den letzten Jahren wurden viele politische Diskussionen unter dem Stichwort „Hartz“ geführt. Gemeint sind damit Gesetze, mit denen die Arbeit flexibler gestaltet wurde, bis hin zu großen Veränderungen der gewohnten Sozialsysteme.
Foto: Breder/Verlag W. Wächter
An die Stelle des festen Arbeitsplatzes mit geregelter Arbeitszeit tritt immer häufiger der Arbeitsvertrag auf Zeit. Hinzu kommt, dass bei unseren heutigen Arbeitszeiten immer weniger auf den Schlaf zur Nacht, noch weniger auf den Ruf der Kirchenglocken Rücksicht genommen wird. Noch am späten Samstagabend gehen wir z.B. im Supermarkt einkaufen.
Im Kleingarten aber ruht „der Hammer“ von Samstagmittag bis Montagvormittag. Auch hier sind wir noch nicht bei den Menschen angekommen, die erst am Wochenende von ihren Arbeitsplätzen ins Freie können und sich hier betätigen wollen.
Befristete Arbeitsverträge
Die „Hartz-Gesetze“ haben auch die Dauer von Arbeitsverhältnissen beeinflusst. Zeitarbeitsverträge mit der Folge, nach der Beendigung nicht nur den Arbeitgeber, sondern häufig auch die Stadt wechseln zu müssen, sind heute keine Seltenheit mehr.
Laut Studie bewirtschaften 21% der Kleingärtner ihren Garten länger als 30 Jahre, 24 % ihren Garten 21–30 Jahre und 21 % 11–20 Jahre. Um mehr Flexibilität für die zu ermöglichen, die den Wohnort beruflich bedingt häufig wechseln müssen, sollte über neue Pachtverträge, über Mietgärten oder ähnliche Vertragsgestaltungen nachgedacht werden.
Einen Kleingarten muss sich jeder leisten können
Der Umbau der Sozialsysteme wirkt sich auch auf die Kleingärtner- vereine und ihre Mitglieder massiv aus: Ein Kleingarten kostet ca. 300,– Euro im Jahr, in Großstädten kommt man laut Studie auf 435,– Euro. Im Durchschnitt entfallen davon 16 % auf die Pacht, 20 % auf den Vereinsbeitrag, 14 % auf Abgaben (z.B. Versicherungskosten, Steuern), 17 % auf Strom und Wasser und 33 % auf zusätzliche Ausgaben.
Dem stehen zwar ein paar Einsparungen gegenüber, weil man die eigenen Gartenprodukte nicht kaufen muss. Aber realistisch gerechnet, kommt man im Monat auf durchschnittlich 25,– bis 30,– Euro, die meistens auf einmal am Ende des Jahres fällig werden.
Für jemanden, der nur 364,– Euro (SGB-II-Satz eines Haushaltsvorstandes) monatlich bekommt, ist das ein ganzes Monatseinkommen.
Arbeitslose, Geringverdiener und Rentner haben es schwer
Betrachtet man die Einkünfte der 7 % langzeitarbeitslosen Kleingärtner oder derjenigen, die zu einem geringen Lohn von 8,– Euro pro Stunde oder darunter arbeiten müssen, nimmt man die Rentner hinzu, die auf keine 50-jährige Erwerbsbiografie im Angestelltenverhältnis zurückblicken können und deshalb nur weniger Rente als der Durchschnitt (z.Zt. ca. 990,– Euro mtl.) haben, stellen wir fest, dass uns zahlreiche Kleingärtner verlassen, weil sie ihren Kleingarten nicht mehr bezahlen können.
Viele dieser Menschen verschwinden lautlos. Plötzlich wird der Garten nicht mehr bewirtschaftet, und der Kassierer merkt, dass auch nach mehrmaliger Mahnung das für den Verein bestimmte Geld ausbleibt. Leider ist die Kleingartenkündigung wegen Zahlungsverzug heute die häufigste Kündigung durch den Verein – trotz Verständnisses für die finanzielle Lage der Betroffenen.
Es gibt nach wie vor die Pachtpreisbindung – und sie ist notwendig. Aber auch die anderen Kosten dürfen sich nicht erhöhen, wenn sich weiterhin jeder einen Kleingarten leisten können soll.
Es gibt viele Möglichkeiten, jedem Menschen einen Kleingarten finanziell zu ermöglichen: So kann eine monatliche Zahlweise weiterhelfen, und der Anbau von Gartenbauerzeugnissen kann die Haushaltskosten der wirtschaftlich benachteiligten Gartenfreunde verringern.
Die Kleingärtnervereine sind aber – ebenso wie Sportvereine oder andere gesellschaftlich relevante Vereine – nicht in der Lage, die größer werdende Armut in Deutschland aufzuhalten. Hier ist die Politik gefordert.
Hans-Jörg Kefeder,
Präsident des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde