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Pflanzenstärkungsmittel und Co.
Alles, was stark macht
Foto: mauritius images/Brigitte Protzel
Seit einigen Jahren stehen Pflanzenschutzmittel zunehmend in der öffentlichen Kritik. Infolge dieser Debatte hat das Angebot an zugelassenen Präparaten für den Garten in den vergangenen Jahren bereits abgenommen. Und es ist damit zu rechnen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.
Da liegt es nahe, nach anderen und unbedenklichen Verfahren Ausschau zu halten, um die Pflanzen vor Schädlings- und Krankheitsbefall zu schützen. Neben biologischen Pflanzenschutzverfahren bieten sich Möglichkeiten an, die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen zu stärken. So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch im Garten homöopathische Präparate, pflanzliche oder sonstige natürliche Mittel großer Beliebtheit erfreuen.
Die Definition
Eine natürliche Herkunft eines Stoffes bedeutet noch lange nicht, dass dieser unbedenklich ist, wie hochgiftige Inhaltsstoffe in vielen Gartenpflanzen zeigen. Aus diesem Grund ist der Handel mit Pflanzenstärkungsmitteln im Pflanzenschutzgesetz geregelt. Bevor ein Pflanzenstärkungsmittel in Verkehr gebracht werden darf, ist dies beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzuzeigen. Die Behörde prüft, ob das Mittel bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf Grundwasser und Naturhaushalt hat.
Was ein Pflanzenstärkungsmittel ist, ist im Pflanzenschutzgesetz genau definiert. Demnach sind Pflanzenstärkungsmittel Stoffe und Gemische einschließlich Mikroorganismen, die
a) ausschließlich dazu bestimmt sind, der Gesunderhaltung der Pflanzen zu dienen, soweit sie gesetzlich nicht als Pflanzenschutzmittel eingeordnet sind,
b) dazu bestimmt sind, Pflanzen vor nichtparasitären Beeinträchtigungen zu schützen.
Die unter b) genannten Stärkungsmittel sind in erster Linie Präparate zur Verminderung der Wasserverdunstung oder Frostschutzmittel. Am bekanntesten dürften sogenannte Frischhaltemittel für Schnittblumen sein.
Foto: Schacht
Die Inhaltsstoffe
Pflanzenstärkungsmittel lassen sich nach ihren Inhaltsstoffen grob in Gruppen einteilen. Allerdings geben nicht alle Anbieter von Pflanzenstärkungsmitteln immer Auskunft über die verwendeten Substanzen. Die Inhaltsstoffe müssen beim BVL zwar angegeben werden, werden aber vom Bundesamt nicht veröffentlicht.
Präparate mit mineralischen Inhaltsstoffen:
Sie enthalten Mineralien, wie Siliziumdioxid, dem chemischen Grundstoff von Quarz, Kieselsäure oder Kaliumsilikat, einem Bestandteil von Kaliwasserglas. Außerdem werden beispielsweise in homöopathischen Präparaten neben Heilkräu- tern und Wurmhumus nicht näher genannte Mineralien und Spurenelemente verwendet, die z.B. auch in Schüssler Salzen Verwendung finden.
Präparate mit pflanzlichen Inhaltsstoffen:
Häufig finden sich hier typische Heil- und Gewürzpflanzen, darunter auch alte Bekannte wie Brennnessel oder Ackerschachtelhalm. Sie werden als Lösung, Konzentrat oder Pulver angeboten und dienen zur Herstellung von Verdünnungen, Tees oder Kaltwasserauszügen. Auch anwendungsfertige Pflanzenstärkungsmittel in Sprühflaschen bietet der Markt in Fülle.
Foto: voren1/Adobe Stock
Neben den klassischen Kräuterpräparaten gibt es auch solche, die durch milchsauer vergorenes Getreide erzeugt werden („Original Kanne Bio Brottrunk für Pflanzen“).
Präparate mit tierischen Inhaltsstoffen:
Das Angebot beschränkt sich auf zwei Produkte, die hydrolisiertes Eiweiß aus Schlachtabfällen enthalten: „AminoVital“ von Biofa und „Bio-Aminosol“ von Lebosol.
Die Situation auf dem Markt
Foto: Verlag W. Wächter Nachdem vor gut fünf Jahren kaum noch Pflanzenstärkungsmittel zur Verfügung standen, ist das Angebot inzwischen unüberschaubar geworden. Das BVL listet derzeit 262 Mittel auf, die allerdings nur zum Teil gehandelt werden. Anders, als es die lange Liste erwarten lässt, sind im Gartenfachhandel so nur wenige Firmen vertreten, die entsprechende Produkte anbieten. Dabei ist ein Stärkungsmittel in dem Moment, in dem es beim BVL angemeldet wird, schon verkehrsfähig und kann verkauft werden, bevor es auf der Liste steht.
Viele dieser Mittel, wie „Schachtelhalmextrakt“, „Algan Wachstumshilfe“, „Brennnessel Pellets“ oder die „BioKraft Vitalkur“ (alle Neudorff) sind allerdings genau genommen keine Pflanzenstärkungsmittel, sondern Dünger oder Pflanzenhilfsmittel, auch wenn sie unter der Überschrift Pflanzenstärkung, Vital- oder Aufbaukur stehen. Sucht man in der Liste des BVL etwa nach „Neudo-Vital“, das über viele Jahre eines der bekanntesten Pflanzenstärkungsmittel war, wird man nicht mehr fündig. Nach Änderungen des Pflanzenschutzrechts im Jahr 2012 gehört „Neudo-Vital“ inzwischen zu den Düngern und unterliegt somit dem Düngemittelrecht.
Zu den echten Pflanzenstärkungsmitteln gemäß Pflanzenschutzgesetz gehören z.B. die homöopathischen Präparate von Neudorff, die „Naturen Bio Vitalkuren“ und die Produkte der Marke „Bioplantol“. Auch bei den klassischen Kräuterpräparaten werden viele „echte“ Pflanzenstärkungsmittel angeboten. Das sind z.B. „Wermut für Pflanzen“ oder „Bio-Pflanzenspray Brennnessel“ (beide Schacht). Die „Brennnessel-Algen-Kombi“ (Schacht) zur Herstellung einer Brühe ist dagegen als Pflanzenhilfsmittel eingestuft.
Probieren Sie es aus!
Für die praktische Anwendung im Garten ist es nicht wichtig, ob es sich per Definition um ein Pflanzenstärkungsmittel, ein Pflanzenhilfsmittel oder einen Pflanzenhilfsstoff handelt. Bedeutung hat vor allem die richtige Anwendung nach Gebrauchsanleitung. Sie garantiert bei Pflanzenstärkungsmitteln, Düngern und den Hilfsmitteln, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Natur und Menschen gibt.
Foto: Die Grüne Kamera
Für die von den Firmen genannten Wirkungen gibt es allerdings keine Garantie. Diese Mittel müssen nämlich nicht auf Wirksamkeit geprüft werden, sondern nur auf ihre Unbedenklichkeit für Mensch, Natur und Umwelt. Darüber, ob Pflanzen so etwas wie ein Immunsystem haben, wird inzwischen intensiver geforscht, unklar ist aber nach wie vor, ob Pflanzenstärkungsmittel und andere natürliche Präparate tatsächlich die Widerstandsfähigkeit unserer Kulturpflanzen erhöhen.
In jedem Fall kann man nicht ohne Weiteres Erkenntnisse aus der Humanmedizin auf die Pflanzenmedizin übertragen. Pflanzenstärkungsmittel und sonstige Kräuterpräparate liegen derzeit im Trend. Auf verwertbare wissenschaftliche Ergebnisse zur Wirkung der Präparate wird man wohl noch etwas warten müssen. Bis dahin sammeln Sie am besten selbst Erfahrungen, denn Probieren geht in manchen Fällen über Studieren.
Christoph Hoyer