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Können strenge Winter den Schädlingsbefall reduzieren?

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RosenmehltauFoto: Hoyer Rosenmehltau: Das Bild zeigt überwinterndes Myzel am Stachel (weiß). Am Trieb sind Myzelstellen zu sehen, die schon grau verfärbt sind. Beim Echten Mehltau kann das Myzel durchaus auch grau bis dunkelbraun sein, wie es auch beim Amerikanischen Stachelbeermehltau oder dem Echten Rebenmehltau zu sehen ist. Oft wird angenommen, dass ein kalter Winter das Krankheits- und Schäd­lings­aufkommen im folgenden Jahr deutlich reduziert. Man geht dabei davon aus, dass längere Frost­tem­peraturen Schädlinge und Krankheits­erreger abtöten. Leider trifft diese weit verbreitete Meinung in den allermeisten Fällen nicht zu, da die meisten Schadorganismen an kalte Winter, wie sie in Mitteleuropa herrschen, ebenso gut angepasst sind wie die Mehrzahl unserer Gartenpflanzen.

So überwintern viele bekannte Schädlinge gut geschützt als Ei, Larve oder Puppe in der Erde oder in Verstecken unter der Baumrinde. Andere bilden so genannte Winter­eier, die besonders stabil sind und auch starken Frost gut vertragen.

So kann man beispielsweise die schwarzen Eier der Mehligen Apfelblattlaus im Winter an den jungen Trieben der Apfelbäume finden. Gleiches trifft für die roten Spinnmilbeneier zu, die in manchen Jahren zu Tausenden auf der Rinde der Obstbäume den Winter überste­hen.

Die Kirschfruchtfliege und die Kohlfliege überdauern die kalte Jahreszeit z.B. als Puppe im Boden, der Pflaumenwickler und der Kohlweißling als Larve in einem schützen­den Kokon. Die ge­fräßi­gen Nacktschnecken sind zwar auch im Winter bei Temperaturen über 5 °C an Pflanzenresten oder überwinterndem Gemüse zu finden, bei Frost ziehen sie sich aber in tiefere Bodenschichten zurück. Am besten vor Kälte geschützt sind Schnecken allerdings in Form der Eier.

Für viele Schädlinge sind lang ­anhaltende Fröste im Winter meist weniger gefährlich als ständige Wechseltemperaturen, bei denen sich milde Witterung mit viel Feuch­tigkeit und kalte Wet­ter­pha­sen abwechseln. Steigt das Thermometer im Januar tagsüber auf 10 bis 15 °C, treiben nicht nur die ersten Frühlingsblüher aus der ­Erde, auch die in Ruhe befindlichen Insekten können sich weiter­entwickeln und sozusagen aus der Winterruhe erwachen.

Frisch geschlüpfte Spinnmilben oder Blattläuse sind aber deutlich anfälliger für Frost und pilzliche ­Erkrankungen, als die von der Natur vorgesehenen Überwinterungs­stadien Ei oder Puppe. So kann sich vor allem ein milder Spätwinter nachteilig auf die Entwicklung der Schädlinge auswirken.

Eines der wenigen Beispiele für die befallsmindernde Wirkung von Frosttemperaturen ist die Sitka­fichtenlaus. Dieser Schädling führt in manchen Jahren zu massivem Nadelfall an Blaufichten. Sinken die Temperaturen im Winter unter -14 °C, sterben die Blattläuse ab, und es ist im kommenden Frühjahr nicht mit einem Befall zu rechnen.

Auch auf pilzliche Krankheitserreger wie Mehltau oder Krautfäule wirken sich anhaltende Frost­pe­ri­oden normalerweise nicht befallsmindernd aus, da Schadpilze ebenfalls viele verschiedene Strategien entwickelt haben, um den Winter möglichst unbeschadet zu überstehen.

Am besten ist überwinterndes Pilzgeflecht von Mehltaupilzen zu erkennen, z.B. als brauner oder weißer Überzug auf den Trieben der Stachel- und Johannisbeere oder der Rose. Die Echten Mehl­tau­pil­ze bilden dazu extra dickwandige und damit unempfind­liche Pilzfäden, die die Triebspitzen der Pflanze regelrecht einspinnen. Bei Rosen findet man solches Myzel oft auch als weißen Belag ­direkt an den Stacheln.

Andere Schadpilze überstehen die kalte Jahreszeit als dickwandige Spore im Boden oder in abgestorbenem Pflanzengewebe. Wieder andere Erreger wechseln im Winter ihren Wirt und überstehen auf ihm die Zeit bis zum nächsten Frühling.

Ein weiteres Beispiel für die vielfältigen Überwinterungsstrategien der Pilze sind die Frucht­mu­mien, die derzeit noch in vielen Obstbäumen hängen. In ihnen überdauern verschiedene Fruchtfäule-Erreger, aber auch die Narren- und Taschenkrankheit der Zwetsche den Winter.

Christoph Hoyer