- Tiere im Garten
Nisthilfen für Wildbienen
Die wichtigsten Regeln – und die häufigsten Fehler
Foto: Wolfgang Willner Bienenhotel? Der sympathisch klingende Begriff hat sich etabliert, doch ganz zutreffend ist er nicht. Denn die Insekten machen hier keinen Kurzurlaub. Vielmehr vollzieht sich in der Unterkunft ein entscheidender Abschnitt ihres Lebenszyklus: die Entwicklung der Brut. „Bienennisthilfe“ ist daher der korrekte Begriff.
Die Insekten vertrauen den Nisthilfen ihr kostbarstes Gut an – die nächste Generation! Entsprechend groß ist unsere Verantwortung. Bei der Konzeption und der Wahl der Materialien dürfen nicht dekorative Aspekte ausschlaggebend sein, sondern es muss das Wohl der Tiere im Vordergrund stehen. Beherzigen Sie daher die folgenden Regeln, um Enttäuschungen und den Verlust der Bienenbrut zu vermeiden.
Nistgänge in Laubholz bohren
Foto: www.naturschutzcenter.de Verwenden Sie harte Laubhölzer, z.B. Esche, Eiche, Buche und Obstgehölze (Apfel, Pflaume, Birne). Das Material darf nicht mit Holzschutzmitteln behandelt worden sein, es sollte entrindet, gut abgelagert und trocken sein. Verwenden Sie kein rissiges Holz, denn darin dringen Feuchtigkeit, Pilze und Parasiten ein und drohen der Bienenbrut den Garaus zu machen. Weichhölzer wie Weide und Pappel sind ungeeignet. Bei Nadelhölzern richten sich die Fasern in den Bohrungen bei Feuchtigkeit auf – eine Gefahr für die empfindlichen Bienenflügel!
„Beim Bohren der Löcher werden leider immer noch entscheidende Fehler gemacht“, weiß Bienenexperte Paul Westrich, der sich seit mehr als 40 Jahren dem Schutz und der Förderung der Wildbienen verschrieben hat.
„Bohren Sie die Nistgänge unbedingt rechtwinkelig zum Verlauf der Holzfasern! Nach dem Ausklopfen des Bohrmehls glätten Sie die Holzoberfläche mit Sandpapier.“ Die Bohrlöcher haben eine Tiefe von 5–10 cm und einen Durchmesser von 2–9 mm; mittlere Durchmesser von 3–6 mm dürfen zahlenmäßig dominieren. Jede Bienenart besiedelt dann die zu ihrer Körpergröße passenden Gänge.
Pflanzenstängel aufbereiten
Foto: blickwinkel/A. Laule Als Nisthilfen eignen sich auch Dosen oder Tonröhren, die mit hohlen Pflanzenstängeln waagerecht befüllt werden. Packen Sie die Stängel dabei so dicht, dass sie nicht herausfallen können.
„Schilfstängel, z.B. aus Sichtschutzmatten, sind scharf abzuschneiden, damit kein ‚Spliss‘ die Öffnungen versperrt. Bambusstängel sägen Sie hinter ihren verdickten Knoten ab“, rät Westrich. Die offenen Enden zeigen in der Nisthilfe nach vorne, die verschlossenen Knoten nach hinten. „Offene hintere Enden verschließen Sie ggf. mit Watte, denn ein Nistgang muss dunkel sein. Putzen Sie die Stängel mit Draht oder einem Bohrer und einer kleinen Flaschenbürste aus. Die großen Öffnungen von Lochziegeln sind als Nistgänge untauglich, sie eignen sich nur zur Unterbringung von Pflanzenstängeln“, so der Bienenexperte.
Einige Wildbienenarten wollen ihre Nistgänge selbst in markhaltige Stängel nagen, z.B. in die der Königskerzen. Lagern Sie diese nach dem Schnitt im Winter an einem trockenen Ort. Im Mai kommen sie dann in den Garten – im Gegensatz zu hohlen Stängeln allerdings einzeln und vertikal ausgerichtet.
Foto: wildbienenschreiner.de
Steilwände für Spezialisten
Lebensraumspezialisten graben ihre Nistgänge in die Uferabbrüche von Flüssen. Ihnen können wir mit künstlichen Steilwänden aus Lehm-Sandgemischen helfen. Substrate, die beim Trocknen „steinhart“ werden, sind dafür jedoch untauglich.
Geeignete Materialien lassen sich mit dem Fingernagel leicht abschaben. Bewährt hat sich z.B. Lößgestein, das in Blumenkästen eingebettet wird. Als „Starthilfe“ für die Besiedelung dienen einige 2 cm kurze Gänge – die ziehen grabende Wildbienen auf Nistplatzsuche magnetisch an.
Hungrige Vögel aussperren
Haben Meisen oder Spechte eine Nisthilfe erst einmal als Nahrungsquelle entdeckt, können sie großen Schaden anrichten. Ein in ausreichendem Abstand vor den Nistgängen angebrachtes Drahtgeflecht (Maschengröße etwa 25 mm) hält Vogelschnäbel ab und lässt Bienen ungehindert passieren.
Regenschutz und Südlage
Bringen Sie die Nisthilfen stets regensicher an. Guten Schutz bieten die Dachvorstände an Schuppen und Hauswänden. Frei stehende Nisthilfen erhalten ein mit Dachpappe oder Kupferblech verkleidetes Überdach als Regenschutz.
Die Einflugrichtung soll nach Süden oder Südosten zeigen. So können die Unterkünfte viel Sonnenwärme tanken. Diese Ausrichtung bewirkt auch, dass die meist mit der Hauptwindrichtung aus Westen kommenden Schlagregen die Nisthilfen verschonen.
Foto: Wolfgang Willner
Häufige Fehler
Leider haben viele liebevoll gebaute Bienenunterkünfte aufgrund ungeeigneter Materialien und Bauweisen nicht die erwünschte Wirkung. Der Nutzen für die Tiere bleibt aus bzw. verkehrt sich ins Gegenteil. Und auch die Erbauer, die sich neben dem Bestäubungsservice der Wildbienen faszinierende Einblicke in deren Kinderstuben erhofften, werden enttäuscht.
Als Nisthilfen nicht geeignet sind Tannenzapfen, Stroh oder Rinde. Kontraproduktiv sind auch „Gemeinschaftsunterkünfte“ für Bienen und Ohrenkneifer, denn für die kleinen Räuber sind Nahrungsvorräte und Eier der Bienen eine willkommene Beute.
Runde Baumscheiben mit Bohrlöchern mögen als „Insektenhotel“ zwar dekorativ wirken, doch die Brut bringen sie in tödliche Gefahr, denn schnell bilden sich darin Risse. Feuchtigkeit und Pilze dringen ein – und der Bienennachwuchs ist verloren.
Bei sog. Beobachtungsnisthilfen, die Einblicke in die Brutröhren ermöglichen, ist von Glas- oder Acrylglasröhrchen abzuraten. Wegen des geringen Luftaustausches ist die Gefahr groß, dass die Brut verpilzt. Besser sind Konstruktionen, die nur an einer Seite durch eine Acrylglasplatte Einblick gewähren.
Unterkunft mit Verpflegung!
Foto: Hans-Juergen Martin
Wer nicht nur wenige häufige Arten fördern, sondern sich von März bis September an der ganzen Artenvielfalt der Wildbienen erfreuen möchte, muss für passende Pollenangebote sorgen.
Foto: emer/Fotolia.com Während einige Arten auf Pflanzenfamilien wie Kreuzblütler spezialisiert sind, nutzt z.B. die Glockenblumen-Scherenbiene ausschließlich Pollen von Campanula-Arten für die Versorgung ihrer Brut. Noch wählerischer ist die Glänzende Natternkopf-Mauerbiene: „Ihre einzige Pollenquelle bei uns ist Echium vulgare“ – und so sorgt Westrich stets für einen Bestand des Gewöhnlichen Natternkopfes im Umfeld seiner Nisthilfen. „Rainfarn (Tanacetum vulgare) sollte dort ebenfalls nicht fehlen, denn auf ihn fliegen zahlreiche Arten.“
Der Lohn der guten Tat
Beherzigen Sie die genannten Grundregeln, dann sind Ihrer Kreativität bei der Gestaltung eines Bienengartens keine Grenzen gesetzt. Auch Kinder lassen sich dafür begeistern. Der Aufwand lohnt sich, denn auf den Spaß an der handwerklichen Bastelarbeit folgt die Freude an der Vielfalt der Natur im eigenen Garten.
Hans-Dieter Schiller
Vorsitzender des Landesverbandes
Schleswig-Holstein der Gartenfreunde
Links zum Thema
Auf www.wildbienen.info informiert Bienenexperte Paul Westrich über Systematik und Lebensweise der Bienen und gibt zahlreiche Praxistipps für die Verbesserung der Nistmöglichkeiten.
Bezugsfertige Nisthilfen finden Sie z.B. auf www.wildbienenschreiner.de und www.naturschutzcenter.de.
Auch der NABU gibt unter dem Motto Gut gemacht statt gut gemeint wichtige Tipps zu Wildbienen-Nisthilfen