- Tiere im Garten
Tiervielfalt in Kleingärten
Von Nashornkäfer bis Ringelnatter
Tiervielfalt in Kleingärten
Kleingärten bieten vielen Tieren einen Lebensraum. In den nächsten Monaten werden wir Ihnen in loser Reihenfolge Tiergruppen vorstellen, die auf den Parzellen Nahrung und Unterschlupf finden. Bereits geplant sind u.a. Artikel über:
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Kleingartenanlagen sind ein Hotspot der Artenvielfalt! Unsere kleinen grünen Lungen sind ein begehrter Lebensraum für unzählige Arten. Egal ob es Tiere, Pflanzen oder Pilze sind – jeder findet hier eine Nische. Dass wir die Kleingärten bewirtschaften, steht dazu nicht im Widerspruch, im Gegenteil: Wir sind der Motor der Artenvielfalt in unseren Gärten. Vorausgesetzt natürlich, dass wir unser Obst und Gemüse ökologisch anbauen, was kein Nachteil beim Ernteertrag sein muss.
Vielfalt durch Vielfalt
Für die hohe Artendichte in den Anlagen gibt es viele Gründe, wir Kleingärtner spielen dabei die Hauptrolle. Mit unserem Hobby schaffen wir eine Vielzahl kleiner Lebensbereiche, vor allem mit den Pflanzen, die wir gesät oder gepflanzt haben.
Dieser Pflanzenreichtum bietet einer großen Zahl von Tierarten eine stabile Lebensgrundlage. Hört die Bewirtschaftung auf, verschwindet auch die Artenvielfalt der Flora und Fauna. Das zeigt sich gut in ländlichen Gebieten der neuen Bundesländer, in denen Parzellen leer stehen.
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Natürliche Lebensräume regulieren sich selbst, wie der tropische Regenwald. Hier ist der Motor der Artenvielfalt ein Mangel an Nährstoffen, der nur spezialisierte Pflanzen in großen Abständen zulässt. Dies wird ergänzt durch ein perfektes Recyclingsystem, an dem eine Vielzahl von Spezialisten beteiligt ist.
Kleingärten sind besonders reich an Nährstoffen. Würden wir die Flächen nicht offenhalten, würden sie zuwachsen, und reproduktionsstarke Arten würden die Gartenpflanzen verdrängen. Es beginnt ein schnelles Überwuchern durch Gräser und ein rabiater Rückgang der Vielfalt besonders bei den Blühpflanzen.
Gerade bei ihnen haben Kleingartenanlagen viel zu bieten. Das beginnt im Frühjahr mit den Frühblühern und setzt sich über die Blüte der Obstbäume bis in den späten Herbst fort. Die Blütenpflanzen bilden die Lebensgrundlage für viele Insekten. Diese stehen in der Nahrungskette im unteren bis mittleren Segment und bilden wiederum die Lebensgrundlage für eine Vielzahl von Tieren. Die Blütenvielfalt und die vielen Lebensbereiche einer Kleingartenanlage sind daher ein guter Indikator für eine große Biodiversität.
Lebensbereiche im Garten
Die verschiedenen Bereiche, in denen die Tiere leben, sind ähnlich wie die einer Streuobstwiese. Die Beete bilden den zentralen Teil des Gartens, gefolgt vom Baumbestand und den Wiesen. Bedeutende Randbereiche bilden Gartenteiche, Hecken, Wege und die Gartenlauben. Jeder der genannten Bereiche hat seine speziellen Akteure, aber einige Arten nutzen auch alle Bereiche.
Die Beete im Garten sind den größten Veränderungen unterworfen, schließlich dienen sie als direkte Nutzfläche. Die Bewirtschaftung bringt meist kleine Monokulturen hervor. Diese sind für viele Tiere reichhaltige Buffets. Der geringe Abstand zwischen den Pflanzen erleichtert den Fressfeinden der Pflanze, wie den Blattläusen, die Ausbreitung. Je kleiner der Abstand zur nächsten Pflanze, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflanzenfeinde ihrerseits von einem Feind erbeutet werden.
Die Beete
Foto: Brumm Beete sind ständig großen Veränderungen unterworfen, und mehrjährige Pflanzen sind hier eher selten. Aber gerade diese ständige Veränderung fördert den Reichtum der Arten. Der Gärtner ermöglicht Pflanzen ein Überleben, die sonst keine Überlebenschance hätten.
Dabei geht es nicht nur um essbare Pflanzen, auch eine vielfältige Blumenpracht fördert die Artenvielfalt: Insekten, die auf den Blüten Nahrung finden, locken Jäger an. Deren überwie-
gender Teil sind unsere heimlichen Helfer. Die Dreiphasen-Sandwespe ist etwa eine solitär lebende Wespe. Ihre Hauptbeute sind Raupen, die sie an ihren Futterpflanzen jagt und anschließend in eine selbst gegrabene Höhle bringt. Die bewegungsunfähige Raupe bekommt ein Ei angeheftet, und die Höhle wird verschlossen. Die Raupe dient dann der geschlüpften Larve als Nahrung.
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Neben unseren Honigbienen nutzen auch Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer das reichhaltige Blütenangebot. Zwischen den Blüten weben Spinnen ihre kunstvollen Netze und erwischen so manchen Falter, bevor er seine Eier an eine unserer Pflanzen legen konnte. Manche Spinnen verzichten auf das Netz und verlassen sich allein auf ihre Tarnung, ihre Schnelligkeit und ihr Gift. Krabbenspinnen, wie die Veränderliche Krabbenspinne, sitzen gut getarnt in der Blüte und sind für manchen Falter oder Biene eine böse Überraschung. Ein seltsames Phänomen ist es, dass die Biene in der Lage ist, eine solche Spinne in der Blüte zu erkennen und dennoch bevorzugt eine Blüte mit Spinne anfliegt. Warum das so ist, weiß man noch nicht, Duftstoffe oder Farbsignale könnten der Grund dafür sein.
Nähern wir uns dem Boden, so kommen weitere Akteure ins Spiel: Igel, Kröte, Laufkäfer und Co. nutzen unsere Beete als Jagdrevier. Diese nützlichen Helfer vernichten große Mengen von Schädlingen, wie Schnecken und Insekten.
Foto: Brumm
Der Mensch versucht von jeher, die Schmarotzer von seinem Tisch zu vertreiben. Lange Zeit dachten viele Gärtner, mithilfe der Chemie die Schadinsekten, Pilze und Viren beseitigen zu können. Aber die Natur befindet sich bereits seit dem Entstehen der ersten Zelle in einem ständigen Wettrüsten zwischen Jäger und Beute.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Arten immun gegen unsere Spritzmittel wurden. Auch die Zucht resistenter Pflanzen schiebt das Problem nur auf, denn Tiere, Pilze, Bakterien oder Viren sind alle bestrebt, durch Anpassung neue Nahrungsquellen und Lebensräume zu besetzen.
Eine alternative Methode ist es, die Fressfeinde unserer Schädlinge zu fördern. Gerade Raubmilben und Co. sind effektive Jäger und belasten unseren Boden nicht. Aber auch deren Einsatz sollte mit Weitsicht vorgenommen werden. Der Einsatz des Asiatischen Marienkäfers brachte etwa unseren heimischen Marienkäfern einen überlegenen Konkurrenten und Fressfeind. Der Ausgang dieses Fehlers ist noch ungewiss.
Die Teich
Im Wandel der Jahreszeiten ist der Gartenteich ein Quell des Lebens. Erdkröte und Co. sind die ersten in den frostfreien Nächten im April, die dort ihren Laich ablegen. Kaum sind die Kaulquappen geschlüpft, stehen sie auf dem Speiseplan vieler Teichbewohner, wie der Larven der Libellen.
Foto: FLPA - Frank Lane Picture Agency/Malcolm Schuyl/Biosphoto Diese grazilen Geschöpfe, die bereits in den Sümpfen des Karbons vor 350 Millionen Jahren jagten, haben ihre Eier bereits im Herbst abgelegt. Einige Arten verbringen mehrere Jahre als Larve im Wasser. Sie sind die perfekten Killer im Teich und machen auch nicht vor Artgenossen halt, gegen ihre Fangmaske hat eine unvorsichtige Kaulquappe keine Chance.
Neben den Libellen sind auch Kolbenwasserkäfer oder Wasserläufer auf diesen Lebensraum angewiesen. Die Wasserläufer z.B. haben es geschafft, die Oberflächenspannung des Wassers zu nutzen, und können auf dem Wasser gleiten, ohne einzutauchen. Auch Spinnen haben diesen Lebensraum für sich entdeckt, und es ist schon sehr interessant, eine Wasserspinne bei der Jagd zu beobachten.
Der Gartenteich ist ein Anziehungspunkt für viele Tiere, ob als Lebensraum, um den Durst zu stillen oder als Badegelegenheit für Vögel. Mit ihm schaffen die Kleingärtner ein Rückzugsgebiet für viele seltene Tiere und Pflanzenarten.
Unsere Gartenteiche sind ein wahrer Pool für die Artenvielfalt, sie sind eine Kinderstube für viele klassische Nützlinge wie die Erdkröte, aber auch eine Möglichkeit, die Verbreitung bedrohter Tierarten wie den Fadenmolch zu begünstigen.
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Hecken, Wege und Gartenlauben bieten einer Vielzahl von Organismen einen Lebensraum. Hecken sind etwa ein Rückzugsgebiet für viele Vogelarten und bieten Schutz und Nahrung zugleich. Auch unsere Gartenlauben bleiben nicht unbesiedelt. Spinne, Maus und Co. bieten sie einen Lebensraum und sind z.B. für Schmetterlinge ein Winterquartier.
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Arche Kleingartenanlage
Die Bedeutung der Kleingartenanlagen als Arche für viele Tier- und Pflanzenarten steigt ständig. Viele Gartenfreunde sind sich des Wertes ihrer Tätigkeit für den Artenschutz gar nicht bewusst. Ein interessantes Beispiel dafür ist die Ringelnatter.
Gerade diese Tierart wurde vom Menschen ihrer natürlichen Lebensräume beraubt. In unseren Kleingärten hat sie ein neues Rückzugsgebiet gefunden, besonders die Vorliebe der Kleingärtner für kleine Gartenteiche macht ihr das Überleben leichter. Gerne nutzt sie aber auch unseren Kompost zur Eiablage. Mit den Menschen arrangiert sie sich schnell. Meist bemerken wir sie nicht, aber wenn, sollten wir sie respektieren.
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Der Nashornkäfer ist ein schönes Beispiel aus der Welt der Insekten, die eine Zuflucht in Kleingartenanlagen gefunden haben. Diese besonders geschützte Tierart kann immer häufiger in unseren Kleingärten bestaunt werden, wo sie vor allem durch unsere Komposthaufen ideale Lebensbedingungen vorfindet. Dies alles zeigt, welche Bedeutung das Kleingartenwesen für den Erhalt bedrohter Tier- und Pflanzenarten hat!
Der Kompost
Foto: Antoni Agelet/Biosphoto Ein guter Kompost ist das Gold des Gärtners und jedem Kunstdünger überlegen. Aber so ganz von allein entsteht er nicht, viele Helfer und zum Teil auch Schädlinge haben sich zum Zweck der Gewinnung des ultimativen Pflanzendüngers vereint.
Die erste Zerkleinerungskolonne der Gartenabfälle bilden die sonst so unerwünschten Schnecken. Leider hat die Spanische Nacktschnecke auch hier die heimischen Schnecken in starke Bedrängnis gebracht. Wohl weniger bemerkt wurde, dass die Rote Wegschnecke jetzt seltener als ein Pirol im Garten geworden ist, das gleiche trifft auch für viele Gehäuseschnecken zu.
Zeichnung: Faltermayr
Dann kommt die Armee der Kompostwürmer, der Asseln, der Springschwänze und der Schnurfüßer, die sich von den organischen Abfällen ernähren. Deren Exkremente werden von Bakterien und Pilzen endgültig in den wertvollen Kompost umgewandelt. Somit schließt sich der Kreislauf innerhalb des Gartens.
Aber der Kompost ist noch mehr als eine reine Recyclingstation, er ist ein Jagdrevier, eine Kinderstube und vieles mehr. Jäger wie der Hundertfüßer haben den Kompost für sich entdeckt. Auch Laufkäfer jagen in diesem artenreichen Lebensraum – bei dieser Populationsdichte ist der Jagderfolg garantiert. Ein großer Jäger, der zunehmend in Bedrängnis kommt, ist die Blindschleiche, die ebenfalls auf dieses Jagdrevier angewiesen ist.
Tommy Brumm
Präsident des Landesverbandes
Sachsen der Kleingärtner