- Kleingartenwesen
- Aktuelles, Trends und Geschichtliches
Wie zukunftsfähig ist das Kleingartenwesen?
Unterschiedliche Entwicklungen in den Bundesländern
Eine einheitliche Regelung für diese „Toleranzgrenzen“ kann es nicht für die gesamte Bundesrepublik geben, denn innerhalb der einzelnen Länder war die Entwicklung auf diesem Gebiet sehr unterschiedlich. Es spielt natürlich auch eine große Rolle, welche Lobby die Kleingärtner in den Ländern haben.
Es wird auch noch in nächster Zeit größere Unterschiede zwischen den neuen und den alten Bundesländern geben. Schon allein das Vorhandensein des Schuldrechtsänderungsgesetzes (gilt nur für die neuen Bundesländer) suggeriert den Bodeneigentümern nahezu, dass es noch eine weitere, für sie attraktivere Möglichkeit der Bodenverpachtung gibt.
Dabei ist die Abgrenzung zwischen beiden Gesetzen sehr fließend. Das heißt, dass die Unterscheidungsmerkmale gering sind und sich hauptsächlich in der kleingärtnerischen Nutzung kanalisieren.
Ähnlich verhält es sich mit der Grundsteuer B. Auslöser war der Ministerratsbeschluss für Finanzen vom 07.08.1973, wonach Gartenlauben bis max. 25 m² von der Zahlung der Grundsteuer befreit sind, d.h. für Lauben ab 26 m² muss sie gezahlt werden. Auch hier kommt die Steuer nur für die neuen Bundesländer zum Tragen.
Kommunen in den neuen Ländern sind aufgrund ihrer meist bescheidenen Finanzlage darauf angewiesen, auf alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel bei Finanzeinnahmen zurückzugreifen. Resultierend daraus kommt es neben der Forderung der höchstmöglichen Pacht auch zu weiteren Belastungen, von der Straßenreinigungsgebühr über die Kosten zur Schneeberäumung bis hin zu Straßenausbaugebühren, die auf den Kleingärtner abgewälzt werden.
Dagegen ist die Pacht in den alten Ländern über viele Jahre stabil geblieben, und Nebenkosten kommen selten zum Tragen, die Kleingartenanlagen werden hier nicht als „Einnahmequellen“ gesehen. Deshalb wird allgemein etwas großzügiger verfahren, auch mit der Umsetzung der kleingärtnerischen Nutzung in Gartenanlagen. Und so werden auch Kleingärtner akzeptiert, die etwas in Richtung „Erholung“ tendieren.
In den neuen Ländern dagegen sichert der Bestandsschutz derzeit noch die größeren Lauben (bis max. 30 m²) und ebenso die Ausstattung der Lauben mit Strom, Wasser u.Ä. Bei einer Veränderung der Laube entfällt jedoch der Bestandsschutz!
Auch Migranten und Senioren für Zukunftsfähigkeit wichtig
Foto: Breder In deutschen Kleingärten gibt es etwa rund 75.000 Kleingärtnerfamilien mit einem Migrationshintergrund. Deshalb ist eine Zukunftsfähigkeit ohne diese Gruppe nicht vorstellbar.
Es zeichnen sich hier zwei verschiedene Bewegungen ab: Für junge Städter bietet der Garten meist einen Ort der Ruhe und der Kreativität, während Migranten, die aus ländlicheren Gebieten stammen, die Parzellen intensiv für den Anbau von Obst und Gemüse nutzen.
Für noch aktive Senioren lassen sich auch neue Konzepte entwickeln, die z.B. eingeschränkter Bewegungsfreiheit gerecht werden. Auch vielen behinderten Menschen würde dies entgegenkommen, um ihnen mit ihren oftmals eingeschränkten Möglichkeiten etwas mehr Lebensqualität in der Natur zu verschaffen.
Fazit
Um zum Abschluss die Frage nochmals aufzugreifen, wie zukunftsfähig das Kleingartenwesen ist, müssen wir uns selbst fragen, wie weit die Kleingärtner bereit sind, den jetzt greifenden Schutzmechanismus zu erhalten. Dabei sollten wir nicht vordergründig an unseren „Luxus“, sondern auch an die sozial schwächer gestellten Mitmenschen denken, denn in erster Linie sollten wir für sie – so wie es die Begründer des Kleingartenwesens wollten – diese soziale Nische in unserer Gesellschaft erhalten.
Weiterhin müssen wir etwas tun, um junge Menschen anzusprechen und unsere Vereinspolitik etwas „jugendgemäßer“ zu gestalten. Sollte uns das gemeinsam gelingen, wird das Kleingartenwesen auf jeden Fall zukunftsfähig sein.
Lothar Fritzsch,
Vizepräsident des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner